Jahre vor «Berlin – Tag & Nacht»: Als RTLZWEI «Alle Zusammen – jeder für sich» war

230 Folgen lang überlebte die Grundy UFA-Produktion in den 90er Jahren. Das quotenschwache Format wies einst einen namhaften Cast auf.

Aktuell sind aus dem Vorabendprogramm von RTLZWEI die täglichen Serienproduktionen «Köln 50667» um 18.10 und «Berlin – Tag & Nacht» eine Stunde später nicht mehr wegzudenken. Die Berliner Geschichten werden im September seit neun Jahren fester Bestandteil der Access-Prime des Münchner Senders sein. Eine lange Zeit. Zuvor hatte RTLZWEI am Vorabend US-Sitcoms im Wechsel mit «Big Brother»-Staffeln gesendet. Was heute nur noch ganz wenige in Erinnerung haben: In den 90ern versuchte sich der Sender schon einmal an einer täglichen Serienproduktion aus Deutschland. Allerdings mit weit weniger Erfolg. Die erste Episode lief damals im November 1996 – und war natürlich eine Reaktion auf die starken Ergebnisse, die tägliche Serien bei anderen Sendern einfuhren.

Zum damaligen Zeitpunkte zauberte «Gute Zeiten, schlechte Zeiten», das seit vier Jahren bestand, Tag für Tag ein Lächeln auf die Lippen des RTL-Chefs und auch Das Erste hatte mit «Verbotene Liebe» und «Marienhof» schon Quotenhits etabliert. Sat.1 versuchte das auch, scheiterte aber unter anderem an «So ist das Leben!». Alle erfolgreichen Soaps hatten gemein: Sie kamen von der Firma Grundy UFA, die heute UFA Serial Drama heißt. Dort bestellte auch RTLZWEI, das damals noch RTL II geschrieben wurde, seine erste Daily.

Inhaltlich setzten die Macher auf eine vermeintlich sichere Bank: Gerade Mitte der 90er boomten Arzt-Serien in Deutschland, weshalb auch drei Mediziner und ihre gegründete Praxis das Zentrum der Geschichte waren. So kehrte zu Beginn der Serie der verwitwete Arzt Dr. Baer aus den USA zurück, um mit seinen Kollegen eine Gemeinschaftspraxis zu gründen. Passende Räume fanden sie in einem Berliner Gewerbehof, der außerdem ein Tanzstudio, eine Autowerkstatt sowie das Café Pinguin beherbergte und so zum Dreh- und Angelpunkt der Handlung geriet. Spannend zu sehen ist die Besetzung der Serie: Doktor Bruno Freytag wurde von Dieter Bach gespielt, der rund 20 Jahre später die Ehre hatte, dass dessen schlagzeilenträchige Figur in «GZSZ» (die eine Affäre mit der eigenen Tochter begann) mit einer Ananas erschlagen wurde. Seit 2017 mischt er als Christoph Saalfeld nun den Fürstenhof im ARD-«Sturm der Liebe» auf.

Ebenfalls im Cast: Kay Böger, der später über vier Jahre lang in «Verbotene Liebe» mitwirkte, Oliver Petzsokat, der danach zu «GZSZ» ging und eine Karriere als Sänger startete sowie Daisy Dee in der Rolle einer Kellnerin. Gesendet um 19 Uhr, war die Idee, dass Fans von «Marienhof» nach den Geschichten im Ersten einfach zu RTL II umschalten – oder «GZSZ»-Fans fortan einige Minuten eher vor der Mattscheibe sitzen. Das ging aber alles nicht auf, weshalb schon recht bald, Gaststarts wie Wolfram Grandezka, Thorsten Feller, Rob Green oder Verona Feldbusch für Aufmerksamkeit sorgen sollten.

Unter dem Strich aber blieben die Quoten zu niedrig, weshalb die Serie nicht in ein zweites Jahr ging, sondern nach 230 Episoden abgesetzt wurde. In Erinnerung bleibt das recht niedrige Budget des Formats, das keinerlei Außendrehs erlaubte und die teils selbst für damalige Soap-Verhältnisse sehr hölzernen Dialoge.

27.07.2020 13:35 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/119661