Popcorn und Rollenwechsel: Das sehenswerte-Karrierekiller-Festival

Es gibt Filme, von denen sich manche der Beteiligten nie wieder erholt haben. Dabei sind manche dieser Filme durchaus sehenswert!

Die Kinos eröffnen wieder, aber was, wenn einem das Comeback-Programm nicht behagt oder man aus Vorsicht noch nicht ins Kino gehen mag? Nun, einen heimeligen Filmfest-Tipp haben wir noch: Wie wäre es, sich ein Wochenende frei zu nehmen und eine Reihe von Rückschlägen zu schauen, die zwar Karrieren zerstört haben, aber sehr wohl einen Blick verdienen?

Da wäre etwa der Mega-Flop der Mega-Flops: Das Westerndrama «Heaven's Gate», das die berufliche Laufbahn von Michael Cimino («Die durch die Hölle gehen») massiv beeinträchtigte, zum Zusammenbruch des legendären Studios United Artists führte und oftmals als der Grund bezeichnet wird, weshalb die Ära des New Hollywood endete. Der kommerzielle Rückschlag, der von Cimino für eine Laufzeit von mehr als 200 Minuten entworfen wurde und nach massiven Problemen hinter den Kulissen als knapp 150-minütiges Stückwerk ins Kino gelangt ist, machte zudem Kris Kristofferson vom Star zum Hollywood-Buh-Mann.

Mittlerweile wird «Heaven's Gate» als Klassiker gehandelt – schon vor Veröffentlichung des Director's Cut erarbeitete er sich einen Ruf als verkanntes Juwel, nunmehr wird dieser Status kaum noch hinterfragt. Später, verdienter Ruhm! Wer aber statt Ciminos minutiöser, realistischer und deprimierender Darstellung des Wilden Westens, der dennoch eine soghafte Schönhheit innewohnt, in eine spekulative, wilde Zukunft reisen will, kann sich auf «Titan A.E.» stürzen. Der Sci-Fi-Zeichentrickfilm beendete die Karriere der Zeichentricklegende Don Bluth – und der verantwortete immerhin solche Erfolge wie «Anastasia» und «Feivel, der Mauswanderer».

«Titan A.E.» hat zwar einige uninspiriert geschriebene Figuren und einen schwammigen Grundkonflikt, dessen ungeachtet lebt der Film von interessanten, ausgeklügelten Designs und einem fesselnden Finale – wahrlich kein Geniestreich, aber zugleich viel zu gut, als dass er ein Karrierekiller sein dürfte. Und zudem ist er nun, 20 Jahre später, ein spannender Blick zurück, wo sich das Animationsmedium hätte tonal und visuell hin entwickeln können, wären dieser Film und die Disney-Produktionen «Atlantis» und «Der Schatzplanet» größere Erfolge gewesen.

Ähnlich ratlos lässt es mich zurück, dass «Ishtar» tatsächlich Elaine Mays letzte fiktionale Regiearbeit ist – die «Pferdewechsel in der Hochzeitsnacht»-Regisseurin hätte mehr verdient gehabt, zumal ]«Ishtar» ein detailverliebt inszenierter, liebevoller und gewitzter Filmspaß über zwei Versager ist, die aber mit Kauzigkeit bestechen. Aber May ist längst nicht die einzige fähige Filmschaffende, der ein einziger kommerzieller Misserfolg weitere Chancen verbaut. Und manchmal killt solch ein Flop auch jeglichen Antrieb eines Filmschaffenden.

Denn was heute ja viele vergessen: «Es war einmal in Amerika» war ein derartiger kommerzieller Rückschlag, dass Sergio Leone daraufhin keine Motivation mehr verspürte, auf den Regiestuhl zurückzukehren. Wer weiß, was er sonst als abschließendes Spätwerk noch abgeliefert hätte …

Fünf Jahre nach Veröffentlichung seines nunmehr als Klassiker verehrten Kriminalepos verstarb die Regielegende. Und wenn noch Zeit von eurem geplanten Filmwochenende übrig bleibt: Der Direktvergleich zwischen der verstümmelten US-Kinofassung, der europäischen Kinofassung und der restaurierten Version mit rund 250 Minuten Laufzeit killt fast einen halben Tag!
02.06.2020 18:12 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/118760