Warum WDR2 noch vom Programmrelaunch aus 2017 profitiert

Im Westen gilt WDR2 als Informations-und Servicewelle. Die Chartmusik spielende Station zählt zu den meistgehörten Programmen Deutschlands. Ein Blick auf die Entwicklung der Zahlen.

Am 15. Juli ist für Deutschlands Radiomacher wieder Zeugnis-Tag. Dann werden die wichtigen Media-Analyse-Zahlen aktualisiert. Schon im April gab es eine solche Erhebung, doch jeweils die zweite eines Jahres im Sommer legt die Werbepreise für das komplette nächste Jahr fest. Bis zur MA II 2020 stellt sich Quotenmeter.de jede Woche die Frage: Wie steht es eigentlich um die langfristige Entwicklung Deutscher Sender im klassischen Radio, einem Feld, dem seit Jahren schon das Aussterben nachgesagt wird. Wir haben dazu die Langzeit-Entwicklung von elf großen Stationen überprüft.

Viel diskutiert wurde ein umfassender WDR2-Programmrelaunch im Jahr 2017. Valerie Weber, die viele Jahre erfolgreich als Programmdirektorin von Antenne Bayern tätig war, hatte diesen aus gutem Grund angeschoben. Die Werte waren vor allem im Jahr 2016 sinkend: Noch bei der Radio MA I 2016, deren Umfragen im Jahr 2015 liefen, hatte der Sender 1,035 Hörer in der durchschnittlichen Stunde (ein Plus von rund 80.000 gegenüber der Erhebung zuvor), die Erhebung im Sommer 2016 wies 1,039 Hörer aus, die nachfolgende sogar 1,071 Millionen. Die WDR-Wellen, dazu gehört auch 1Live, das damals noch auf mehr als eine Million Hörer in der durchschnittlichen Stunde hatte, schienen gut zu laufen. Doch schon bei der zweiten Erhebung im Jahr 2017 zeigte sich ein negativer Trend – die Reichweite bei WDR2 fiel auf 1,02 Millionen.

Hier kommt nun der im späten Frühjahr durchgeführte Programmrelaunch ins Spiel. Gedreht wurde am Morgenprogramm, mittags wurde eine neue Informationssendung installiert, abends talkt regelmäßig Jörg Thadeusz. Natürlich – wie alles Neue im Radio – wurden die Veränderungen massiv diskutiert. Valerie Weber sollte aber, mal wieder, den richtigen Riecher haben. Die MA I 2018 wies zwar mit 990.000 Hörern den schwächsten Wert der vergangenen fünf Jahre aus, aber es ist unklar, aus welchen Wellen sich dieser zusammensetzte. Durchaus möglich, dass vor allem die Befragungen im Frühjahr 2017 – also die vor dem Programmumbau – schlecht ausfielen. Dafür spricht, dass sich bei der MA II 2018, der ersten, die komplett nach dem Relaunch erhoben wurde, gewaltige Sprünge nach oben einstellten. Bei dieser gewann WDR2 über elf Prozent an Hörern hinzu: Die gemessenen 1,102 Millionen Zuhörer, die ermittelt wurden, waren das beste Ergebnis seit Jahren.

Ins Jahr 2019 konnte WDR2 diese Zahlen nicht ganz retten, die erste Erhebung aus diesem Jahr brachte 1,046 Millionen Hörer hervor, dafür stiegen die Werte bei der wichtigeren, weil für die Werbepreise des Folgejahres relevanten, Erhebung wieder auf 1,092 Millionen. Doch die Arbeit dürfte WDR-Hörfunkdirektorin nicht ausgehen – im Frühjahr 2020 verlor WDR2 auf 1,020 Millionen Hörer und somit recht deutlich. Weber hatte dazu angemerkt, dass der Radiomarkt durch alternative Player, etwa Podcasts oder Spotify, mehr und mehr unter Druck gerate. Vor diesem Hintergrund ist der Langzeittrend sehr ansehnlich: WDR2 hat seit Ende 2015 nur 0,7 Prozent seiner Hörer eingebüßt.
05.06.2020 11:40 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/117732