Das Problem bei Streamingdiensten wie Spotify

Deutsche Musiker haben sich zusammengeschlossen, um bessere Entlohnungen für Streams auf Spotify und Co. zu fordern.

Veraltete Verträge zwischen Künstlern, Management und Plattenfirmen führen zu immer mehr Aufruhr, sodass schließlich Künstler wie Helene Fischer, Sarah Connor, Rammstein und Die Prinzen ein gemeinsames Schreiben mit Kritik am Geschäftsmodell der deutschen Plattenfirmen veröffentlicht haben. Schallplatten, Kassetten und auch CDs gehören der Vergangenheit an und sind so eine zunehmend geringere Einnahmequelle für Musiker. Wenn man heutzutage Musik anhören will, greift man auf Streamingdienste wie Spotify, Deezer oder Apple Music zurück – doch die Einnahmen für die Künstler sind auf diesen Plattformen gering.

Es bestehen noch unzählige alte Verträge, in denen die Ausschüttung von Streaming-Gewinnen kaum geregelt ist, da diese damals noch nicht von Bedeutung waren. Somit profitieren vor allem Plattenlabels von hohen Streaming-Zahlen, während die jeweiligen Künstler nahezu leer ausgehen. Der französische Musikverband SNEP rechnete vor, wie viel Geld bei einer Abo-Gebühr von 9,99 Euro bei den einzelnen Instanzen ankommt. Laut der Studie gehen erstmal 1,67 Euro an Steuern – natürlich nach dem französischen Umsatzsteuersatz – an den Staat ab, während 2,08 Euro beim Streamingdienst selbst verbleiben. 1,00 Euro fließt an Verwertungsgesellschaften wie die GEMA, die davon schätzungsweise 0,86 Euro an den Songwriter oder Komponisten auszahlen. Dies landet also zusätzlich beim Künstler – unter der Voraussetzung, dass Songtext und Musik aus eigener Feder stammen. Die Plattenfirmen erhalten ganze 5,24 Euro und geben davon gerade einmal 0,68 Euro an den Interpreten ab. Bei dem hohen Anteil, der an die Plattenlabels abgetreten wird, verwundert es nicht, dass immer mehr Künstler ihr eigenes Label gründen, um diese Abgaben zu umgehen. Natürlich darf hier auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Musiklabels sich um die verschiedensten Bereiche wie beispielsweise das Marketing und den Vertrieb kümmern, die schließlich auch wieder den Künstlern zugutekommen und zusätzlich je nach dem Erfolg der Musiker unterschiedlich große Risiken auf sich nehmen.

Wie viel ein Künstler pro Stream erhält, ist sehr stark vom Streaminganbieter abhängig. So zahlen der US-amerikanische Dienst Napster und die Plattform Tidal mit durchschnittlich 1,7 beziehungsweise 1,1 Cent pro Stream eindeutig am meisten. Danach kommt Apple Music mit 0,66 Cent, dicht gefolgt von Google Play mit im Schnitt 0,62 Cent. Deezer und Spotify gehören mit etwa 0,58 und 0,40 Cent zu den Anbietern, bei denen die Künstler am wenigsten pro Stream verdienen. Wenn die Musiker durch das Streaming nur geringe Einnahmen generieren können, hat dies allerdings auch andere Konsequenzen zur Folge, die sich direkt auf die Fans auswirken. Denn Konzerttickets oder auch Fanartikel werden zunehmend teurer.

Auch wenn all dies selbstverständlich kein Problem ist, dass ausschließlich in Deutschland existiert, konnte das Schreiben der deutschen Musiker an die großen Plattenfirmen Sony Music, Warner Music, Universal Music und an die Bertelsmann-Musiksparte BMG, wenigstens erreichen, dass im Februar über eine Neustrukturierung, die dringend nötig ist, gesprochen werden soll. Laut einem Bericht zeigte sich vor allem die BMG gesprächsbereit, während Warner Music verkündete wegen „wettbewerbsrechtlichen Grenzen“ nicht an dem Treffen teilzunehmen.

Songs werden immer kürzer
Berücksichtigt werden muss übrigens auch, dass Spotify erst eine Abspielzeit von mehr als 30 Sekunden als Stream-Abruf wertet und somit auch nur dafür bezahlt. Dies ist unter anderem ein Grund dafür, dass sich der Trend zu kürzeren Songs zunehmend durchsetzt. Dass Lieder mit über 7 Minuten Länge zu großen Hits werden, ist heute kaum vorstellbar. Dabei sind Hits wie „Starway to Heaven“ von Led Zeppelin mit 8:00 Minuten oder „November Rain“ von Guns N´Roses mit ganzen 9:16 Minute Länge in die Musikgeschichte eingegangen. Auch wenn diese Länge eher zu den Ausnahmen gehörte, sank allein von 2013 bis 2018 die durchschnittliche Songlänge von 3 Minuten 50 Sekunden auf nur 3 Minuten 30 Sekunden. Auch geht es heutzutage vor allem darum, den Song möglichst schnell zu erkennen und dann weiterzuhören, weswegen es auch kaum verwunderlich ist, dass die durchschnittliche Länge der Intros von Mitte der 80er bis heute von etwas 20 auf nur fünf Sekunden gesunken ist.

Da die Streamingdienste nach Klicks und nicht nach den gestreamten Sekunden bezahlen, lohnt es sich für die Künstler nicht, längere Hits zu kreieren. Denn in der gleichen Zeit, in der ein 6-Minuten-Song angehört wird, kann der Nutzer genauso auf zwei Drei-Minuten-Songs klicken. Als Protestaktion hat das Label Analogsoul so vor einigen Jahren Musiker dazu aufgefordert, Musikstücke mit einer Länge von 31 Sekunden zu produzieren und hat diese unter dem Album #31s auf Spotify veröffentlicht.

Trotz all diesen Problemen darf allerdings auch nicht vernachlässigt werden, welche Chancen Spotify und Co. vor allem kleineren Musikern und Bands bieten. Die Hemmung eine CD für um die 15 Euro von einem Künstler zu kaufen, der einem noch unbekannt ist, ist um einiges höher, als kurz bei einem Streamingdienst in die Musik hineinzuhören. Zudem entdeckt man den ein oder anderen noch recht unbekannten Künstler vielleicht in einer empfohlenen Playlist, die andere Personen oder ein Algorithmus zusammengestellt haben. Auch wenn sich die Streamingdienste also finanziell nicht immer lohnen, bieten sie zumindest werbetechnisch einen riesigen Vorteil.
23.02.2020 19:50 Uhr  •  Laura Friedrich Kurz-URL: qmde.de/116080