Die Kritiker: «Steirerkreuz»

Auf «Steirerblut» und «Steirerkind» folgt mit «Steirerkreuz» der dritte Teil der losen deutsch-österreichischen Krimi-Reihe. Willkommen in der Welt von Katholizismus und alltäglichen Bordellbesuchen.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Miriam Stein als Sandra Mohr
Hary Prinz als Sascha Bergmann
Johannes Nussbaum als Daniel Bergmann
Eva Herzig als Eva Merz
Holger Schober als Ferdinand Franz
Julian Weigend als Veit Schindler
Jana McKinnon als Anna Fürst

Hinter der Kamera:
Produktion: Allegro FilmproduktionsgesmbH
Drehbuch: Wolfgang (auch Regie) und Maria Murnberger
Kamera: Peter von Haller
Produzent: Helmut Grasser
Was ist das Österreichischste, das Sie sich vorstellen können? Ein Roman von Thomas Bernhard über einen verknöcherten alten Mann, der seine Tochter im Keller hält? Schuhplattlernde Burschenschafter auf dem Wiener Heldenplatz? Oder eine raubeinige Polizistin, die beim Einsteigen in das steirische Polizeiauto erst einmal „Hier riecht’s ja wie im Puff“ diagnostiziert, bevor sie die Ursache dafür erfährt: Weil ihr Kollege im örtlichen „Paradies“ genannten Bordell fast täglich ein- und ausgeht.

Das klang jetzt vielleicht alles ein bisschen despektierlich. Doch dem «Steirerkreuz» gelingt es, so ziemlich jedes Klischee, das Piefkes über den Alpenstaat im Allgemeinen mit sich herumtragen, zumindest mit einer kurzen Dialoganspielung einzubauen – wenn es nicht gleich zum zentralen Aufhänger wird. So wie das größte Holzkreuz der Welt, das hier das steirische Land überschattet und auf die katholische Doppelmoral hindeutet, die in Österreich bis heute weiten Einfluss genießt.

„Wenn ich Christus folgen will, darf ich das Kreuz nicht ausklammern“, ist derweil das gruselige Lebensleitmotiv der Unternehmerstochter und –schwester Magdalena Fürst (Anna Rot), die sich ihre umfangreiche Freizeit mit der Moderation einer grotesken christlichen Privatradiosendung vertreibt, seit sie vor vielen Jahren von einem Mitarbeiter des elterlichen Betriebes vergewaltigt wurde. Der Täter ist seit kurzem wieder auf freiem Fuß – und nun wurde ihr Bruder erwürgt in seinem Bett aufgefunden. Dieser Familie bleibt nichts erspart – genauso wenig wie den Grazer Beamten Sandra Mohr (Miriam Stein) und Sascha Bergmann (Hary Prinz), die der Etepetete-Familie nun allerhand pikante Fragen über die sexuellen Abartigkeiten des erdrosselten Sohnes und die alten Vergewaltigungstaten stellen müssen.

Was folgt, ist leider keine Dekonstruktion der verkrusteten österreichischen Altunternehmer-Strukturen mit ihren überkommenen Werten und ihrem unbedingten Zusammenhaltsfetischismus. Stattdessen tritt Gisela Schneeberger als eine Parodie auf die altehrwürdige Matriarchin auf, die in ihrem düsteren Anwesen umher wandelt und dabei seelenlos, aber selbstüberzeugt dunkle Familiengeheimnisse verwaltet. Das Land der Berge hätte einen klügeren und klischeeärmeren Krimi verdient – ebenso wie die patenten Hauptdarsteller, denen nichts anderes bleibt, als die eintönigen Vorlagen bemüht, aber elegant wegzuspielen.

Das Erste zeigt «Steirerkreuz» am Donnerstag, den 12. Dezember um 20.15 Uhr.
12.12.2019 11:02 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/114302