Santa Can You hear me? All I want for (last) Christmas is you! Wie Mainstream-Radios mit den Weihnachtsklassikern umgehen

Immer mehr große Radiowellen verabschieden sich von Musiktiteln aus den 90ern und 80ern. Sie werden durch aktuelle Hits ersetzt. Besonders im Dezember wird's kompliziert, sind doch die populärsten Weihnachts-Hits eben schon viele Jahre alt. Wie die Sender damit umgehen, haben wir bei den größten Wellen des Landes erfragt.

Sichere Anzeichen dafür, dass das Weihnachtsfest vor der Türe steht? In den Supermärkten stehen seit Wochen die ersten Schoko-Weihnachtsmänner, der Konsum von Glühwein steigt und im Radio erklingen die ersten Weihnachts-Hits. Songs wie „Hey Santa“, „Driving Home for Christmas“ oder „Last Christmas“ gehören seit vielen Jahren fest ins Dezember-Programm zahlreicher Mainstream-Radiostationen. Selbstverständlich aber ist es nicht unbedingt. Denn die großen Stationen, die ein Adult-Contemporary-Format senden, setzen immer mehr auf zeitgemäße Musik – heißt: In aller erster Linie laufen aktuelle Hits, gepaart mit einem, maximal zwei Songs pro Stunde aus der Zeit vor diesem Jahrtausend. Die größten Weihnachtsklassiker aber sind zumeist älter. Und dennoch hat sich in den vergangenen Tagen mancher Musikchef nicht durchringen können, ganz auf sie zu verzichten.

So wird auch in diesem Jahr der niedersächsische Privatsender ffn zahlreiche Weihnachts-Titel in seine Rotation aufnehmen. „Die Weihnachtsmusik startet bei radio ffn traditionell leicht dosiert am ersten Adventswochenende“, erklärt Musikchef Niklas Gruse. „In unserem umfangreichen Musikpool befinden sich sowohl die großen Weihnachts-Songs der 80er und 90er von Bryan Adams - „Christmas Time“, Mariah Carey - „All I Want For Christmas“ und Wham - „Last Christmas“, als auch die Klassiker des aktuellen Jahrtausends von Melanie Thornton - „Wonderful Dream“, Sasha - „Coming Home“ und Sarah Connor - „The Best Side Of Life“.“ Gruse erklärt, dass man auch neue, weihnachtliche Trends am Markt gerne aufgreife, so sich diese denn zeigen. „Pentatonix - „Hallelujah“ ist hier ein gutes Beispiel aus den vergangenen Jahren“, meint der Musikjournalist.

Ähnlich geht SWR 3, die Popwelle im Südwesten des Landes, vor. Für den Sender sei nicht das Erscheinungsjahr, sondern die Beliebtheit der Songs relevant. „Dennoch spielen wir unserem Programm entsprechend keine Oldies, sondern achten auch in der Weihnachtszeit auf den typischen SWR3 Sound“, erklärt Gregor Friedl, der Musikchef des Senders. Weihnachtslieder würden aus einem Pool von rund 350 X-Mas-Hits ausgewählt, berichtet er.

Genaue Zahlen zur Rotation von Weihnachtssongs wollte die Hörfunkdirektion des WDR nicht nennen, aber auch auf den von Valerie Weber verantworteten Wellen werden Weihnachtssongs in den nächsten Wochen eine wichtige Rolle spielen. WDR4 etwa, musikalisch auf ältere Musik ausgerichtet, spiele neben den Weihnachtsklassikern unter anderem von Dean Martin, Shakin‘ Stevens oder John Lennon auch klassische internationale und deutsche Weihnachtslieder. Von „Santa Baby“, „Jingle Bells“ über „Wonderful Christmastime“ zu „Merry Christmas allerseits“, „Weiße Weihnachten“ oder „Stille Nacht“ biete WDR 4 seinen Hörern die wohl größte Vielfalt aus den vergangenen 70 Jahren Weihnachtstiteln im deutschen Radio. Die Unterhaltungswelle WDR2, die ansonsten ein klassisches Chartradio ist, hat sich für die nächsten Sonntage etwas Besonderes ausgedacht. Zum Einsatz kommen sollen die größten Klassiker der Popweihnachtsgeschichte - Neben Hits von Chris Rea und Mariah Carey dürfen auch die Roten Rosen in der Adventszeit bei WDR 2 nicht fehlen, heißt es.

Führend im Segment Programm für eine junge Generation ist sicherlich 1LIVE. Beim Sender stellt man den kommenden Advent unter das Motto „Schenkt Euch Liebe“ – und geht damit ein Stück weit also auch auf den politischen Diskurs ein. Im Programm und zusätzlich online in einem Special-Channel laufen von der 1LIVE-Musikredaktion kuratierte, gefühlvolle Songs für die besinnliche Zeit des Jahres - darunter auch bei der 1LIVE Session exklusiv eingespielte Songs. Die Rubrik „Schenkt Euch Liebe“ laufe nach WDR-Angaben seit Jahren erfolgreich im Programm und im Netz und wurde bewusst kreiert, um eine Alternative zu den bekannten Weihnachtsklassikern zu bieten, aber dem Programm trotzdem einen weihnachtlichen Anstrich zu geben. Der Internet-Stream sei rund um’s Fest nach WDR-Angaben einer der meistgenutzten Musik-Streams des Landes.

Wellen, die Weihnachtsmusik spielen, starten damit in aller Regel am kommenden Wochenende, also zum ersten Advent. Kleinere Ausnahmen gibt es immer wieder. So gibt es Sender, die im Rahmen von PR-Aktionen etwa schon im Herbst erstmals „Last Christmas“ gespielt haben – oder Antenne Bayern, das vergangene Woche im Rahmen seiner Mittags-Sendung die Hörer fragte, ob sie schon Weihnachtsmusik hören wollen. Weil sich die knappe Mehrheit dafür entschied, lief vergangenen Freitag in der Morgen-Sendung zum ersten Mal in diesem Jahr „All I want for Christmas“. Die heiße Phase der Weihnachts-Musik-Zeit startet aber auch hier erst Anfang Dezember.

Ganz verrückt wird es derweil beim Berliner Radiosender Spreeradio. Dieser wird ab dem 2. Dezember bis ran ans Weihnachtsfest ausschließlich Weihnachtslieder spielen. Er begründet die ungewöhnliche Musikauswahl mit der extrem positiven Entwicklung der Weihnachtsstreams. "Weihnachtssongs sind so beliebt wie nie zuvor. Darum haben wir uns in diesem Jahr bewusst dafür entschieden, unseren Hörerinnen und Hörern ein besonderes Geschenk zu machen," sagt Programmdirektorin Yvonne Fricke.
28.11.2019 11:12 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/113933