«Watchmen»: Der beste Comic - die beste Serie?

In der Comickultur ist "Watchmen" von Autor Alan Moore und Zeichner Dave Gibbons eine Art heiliger Gral, ein unangefochtenes Epos. Und dennoch wurde dieses Werk von der Comicverfilmungswelle vergleichsweise verschont.

Cast und Crew

Vor der Kamera:
Regina King ist Angela Abar
Tim Blake Nelson ist Looking Glass
Don Johnson ist Judd Crawford
Jeremy Irons ist Ozymandias
Sara Vickers ist Ms. Crookshanks
Jacob Ming-Trent ist Panda
Andrew Howard ist Red Scare

Hinter der Kamera:
Regie: Nicole Kassell/ Steph Green u.a.
Drehbuch: Dave Gibbons/ Alan Moore/ Damon Lindelof
Kamera: Alex Disenhof/ Chris Seager u.a.
Schnitt: Henk Van Eeghen/ David Eisenberg
Musik: Trent Reznor/ Atticus Ross
Der Spielfilm «Watchmen» von Zack Snyder sorgte 2009 für Kontroverse. Nachdem eine Verfilmung des gleichnamigen Comics seit den 1980er Jahren immer wieder diskutiert wurde, realisierte sie letztendlich der Mann, der auch «300» auf die Leinwand brachte. Die Fans des Comics waren gespalten. Die eine Seite lobte die Adaption, die praktisch jeden Panel des Comics originalgetreu umsetzte, während die andere Seite die Kälte des Films kritisierte und gewisse Freiheiten, die man sich am Ende des Films nahm. Wie auch immer man zu Snyders Film stehen mag, im Endeffekt zeigt er nur, dass eine Verfilmung des womöglich größten Comics aller Zeiten eine Mammutaufgabe ist.

Und eben dieses Gewicht liegt nun auf den Schultern von HBO. Doch das Unternehmen machte einen cleveren Kniff bei der «Watchmen» Serie. Doch worum geht es überhaupt bei dem angeblich besten Comic? Warum wurde er vom Times Magazine zu der einflussreichsten Literatur des 20. Jahrhunderts gezählt?

Die Antwort auf diese Frage ist vielfältig. Eine der stärksten Narrativen des Comics sind Superhelden selbst und wie die Öffentlichkeit sie wahrnimmt, sie verehrt und kritisiert. Das Bild der unbesiegbaren Helden wird hier schnell gebrochen und zeigte lange vor der Marvelwelle der 2000er, wie vielseitig und tiefgründig das Thema der Superhelden sein kann. Noch dazu ist die Geschichte um die sogenannten Wächter Dr. Manhattan, den Comedian, Nite Owl und weiteren extrem politisch. Der kalte Krieg sitzt der Comicwelt, so wie der echten zu der damaligen Zeit noch im Nacken und die Gefahr einer apokalyptischen nuklearen Katastrophe ist allgegenwärtig. Noch dazu spielt die Figur des Dr. Manhattan eine bedeutende Rolle. Manhattan, ein ehemaliger Wissenschaftler, der durch einen Unfall zu einem Gott wurde, muss sich die Frage stellen, was er mit seiner Macht anfängt. Vernichtet er die Menschheit, soll er sie retten oder überlässt er sie sich selbst?

Moores und Gibbons Comic ist ein buntes Meisterwerk, das Philosophie und Politik in die Welt von Superhelden mit und ohne übernatürliche Fähigkeiten bringt. Aufgrund der Bedeutung des Werks stand es lange Zeit für sich alleine und es wurden nur vereinzelt neue Comics über einzelne Helden veröffentlicht. Der Originalcomic hingegen wurde nie überarbeitet oder neu interpretiert. In der Welt der Superhelden, wo Remakes, Neuauflagen und Fortsetzungen den Alltag bestimmen, genießt die Geschichte der Wächter einen besonderen Status.

Wie geht HBO also nun dieses heiße Eisen an? Verärgert man die Fans, würde sich das negativ in den Quoten und Kritiken wiederspiegeln. Solche Klippen gilt es also zu umschiffen. Und der Sender scheint diesbezüglich gute Arbeit geleistet zu haben. Laut eigenen Angaben sahen in den USA 1,5 Millionen Menschen die erste Episode, die am 20. Oktober ausgestrahlt wurde. Damit ist «Watchmen» das stärkste Debüt einer HBO Serie. Auch die Kritiken sprechen von einer innovativen Serie, die zwar härtere Themen und politische Differenzen in der US-amerikanischen Gesellschaft anspricht, ihre Schauwerte dabei aber nicht vergisst. Die perfekte Serie also?

Nein. HBO hat sich bei «Watchmen» dafür entschieden nicht den Originalcomic als Serie umzusetzen. Stattdessen spielt die neue Serie 34 Jahre nach den Geschehnissen aus der Vorlage. Die Wächter gelten nicht mehr als Helden, sondern werden von der Öffentlichkeit gejagt und für ihre früheren, oftmals gewalttätigen Methoden verurteilt. Fans kritisierten dabei oft, dass manche Charaktere neue Motivationen und Verhaltensmuster bekommen haben. Ein häufiger Kritikpunkt ist dabei die Figur des psychisch labilen Rorschach. Dessen Hintergrund soll in der Serie stark verändert sein und nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Charakter aus dem Comic zu tun haben. Eine Änderung, die vielen Fans böse aufstößt.

Die erste Staffel von «Watchmen» war sowohl quotentechnisch, als auch von den Kritiken ein Erfolg für HBO. Der Sender, der erst dieses Jahr mit «Game of Thrones» sein größtes Zugpferd entließ, könnte mit der kritischen Superheldenserie einen neuen "Big Player" etablieren, allerdings müssen sich die Wächter auch in einer weiteren Staffel beweisen. Wie sich die Geschichte rund um die Helden weiterentwickeln wird und ob sie letztendlich wieder als solche anerkannt werden, bleibt abzuwarten.

Die erste Staffel von «Watchmen» ist auf Amazon Prime, maxdome, Sky Go und Sky Ticket verfügbar.
23.11.2019 12:00 Uhr  •  Martin Seng Kurz-URL: qmde.de/113895