VOX-Unterhaltungschefin Kirsten Petersen: '«Survivor' hat über die Jahre eine inhaltliche Zuspitzung immer mehr hin zu einem ausgewachsenen, äußerst faszinierenden Mind-Game erfahren'

Seit Anfang des Jahres leitet Kirsten Petersen, gemeinsam mit Marcel Amruschkewitz, die VOX-Unterhaltung. Zuletzt war sie fleißig dabei, den Deutschland-Start von «Survivor» vorzubereiten. Wie die Show Tempo machen will, welche Rolle die Fidschi-Inseln spielen, wie der Cast ausgesucht wurde und ob für «Survivor» wie einst für «Wild Island» bei ProSieben auch eine tägliche Ausstrahlung infrage kam, verrät sie im Exklusiv-Interview.

Zur Person: Kirsten Petersen

Kirsten Petersen ist seit Anfang 2019 Leiterin der VOX-Unterhaltung. Sie trat damit die Nachfolge von Kai Sturm an, der lange Jahre VOX-Chefredakteur und somit für die Unterhaltung zuständig war. Während Sturm zu RTL kam, kam Petersen von RTL. Sie arbeitete zuvor dort in der Programmentwicklung.
«Survivor» (bei VOX ab 16. September um 20.15 Uhr) startet ungewöhnlich – mit einer fast fiktionalen Erzählweise inklusive Zeitsprung. Das verschafft zu Beginn ungemein viel Tempo. Wie sieht Ihre Erzählstrategie für die Show aus?
Wir sind ganz bewusst ohne lange Einleitung in das Spiel gestartet, um die Zuschauer unmittelbar in den Bann von «Survivor» zu ziehen. Die Zeitsprünge zu Beginn machen Tempo, zeigen durch die besondere Bildsprache, wie sehr sich die Situation für die 18 Spieler mit der Ankunft auf der Insel immer weiter zuspitzt. Im Verlauf der ersten Sendung und auch der gesamten Staffel ist die Erzählweise dann stringent.

Feste Ankerpunkte sind jeweils ein Wettkampf um Belohnung sowie einer um Immunität. Außerdem findet am Ende jeder Folge der Gruppenrat mit Moderator Florian Weber statt und ein Spieler muss das Spiel verlassen. Davor und dazwischen begleiten wir die Spieler bei ihrem täglichen Überlebenskampf in ihren Camps. Das schafft Abwechslung und durch die sehr dichte Erzählweise auch hoffentlich jede Menge Spannung.

Wie es einer unserer Spieler ausdrückt: "«Survivor» ist Schach, aber mit Menschen“. Genau das finden wir an dem Format heute so stark und wir denken, dass wir uns mit dieser inhaltlichen Fokussierung im aktuellen Markt von anderen Reality-Formaten abgrenzen und hoffentlich auch hier in Deutschland erfolgreich sein können.
Kirsten Petersen, VOX-Unterhaltungschefin
Das Format ist im Ausland oftmals seit vielen Jahren ein Erfolg. Was kann man von den internationalen Versionen lernen?
«Survivor» läuft in 17 Ländern und in den USA ab Ende des Monats bereits in der 39. Staffel. So hatten wir die Möglichkeit, uns zusammen mit den Kollegen von Banijay viele verschiedene internationale Fassungen anzuschauen und für die Formatierung der deutschen Fassung die Elemente herauszupicken, die uns besonders fasziniert haben. «Survivor» hat über die Jahre eine inhaltliche Zuspitzung immer mehr hin zu einem ausgewachsenen, äußerst faszinierenden Mind-Game erfahren. Oder wie es einer unserer Spieler ausdrückt: "«Survivor» ist Schach, aber mit Menschen“. Genau das finden wir an dem Format heute so stark und wir denken, dass wir uns mit dieser inhaltlichen Fokussierung im aktuellen Markt von anderen Reality-Formaten abgrenzen und hoffentlich auch hier in Deutschland erfolgreich sein können.

Es scheint, als hätten Sie auch von den bisherigen Inselshow-Versuchen in Deutschland gelernt. Bei «Survivor» steht nun das Taktieren und die Strategie der Kandidaten im Vordergrund. Werden wir trotzdem Hunger und Jagd auf Tiere zu sehen bekommen?
Das Leben auf einer abgeschiedenen Insel unter den denkbar entbehrungsreichsten Umständen bildet die Rahmenhandlung von «Survivor». Auch wenn unser Fokus auf der Taktik liegt, müssen sich die Spieler 39 Tage lang selbst organisieren, sind der Natur und dem Wetter ausgesetzt und haben nichts weiter als eine minimale Grundration an Reis zur Verfügung. Die Jagd auf Tiere beschränkt sich bei uns auf das Fangen von Krabben und Fischen mit einfachen Hilfsmitteln, die man sich im Wettkampf verdienen kann. Hunger und Nahrungsbeschaffung sind also definitiv Themen, mit denen sich die Spieler täglich auseinandersetzen müssen und die an ihnen zehren!

Welche Rolle spielt bei solchen Sendungen die Bildästhetik? Also die weißen Strände, schöne Wellen, herrliche Wälder?
Die Fidschi-Inseln sind von atemberaubender Schönheit und bieten eine einzigartige Kulisse für diese Abenteuershow. Purer und ursprünglicher kann der Überlebenskampf der Spieler kaum sein. Das gesamte Inselleben und die Wettkämpfe haben draußen, eingebettet in die Landschaft, stattgefunden. Aber das vermeintliche Paradies steckt eben auch voller Herausforderungen. Von der reinen Bildästhetik abgesehen hat die Natur in den 39 Tagen nämlich selbst Regie geführt, denn die Fidschi-Inseln haben sich nicht immer von ihrer paradiesischen Seite gezeigt: Sengende Hitze, Sturm und Regen haben unseren Spielern alles abverlangt und die Härte des Formats nochmals unterstrichen. Ein perfekter Kontrast zum Bilderbuch-Ambiente.

Viele von ihnen wissen durch die internationale Formatvorlage genau, worauf sie sich einlassen, sind teilweise große «Survivor»-Fans, aber auch das hilft nur begrenzt, wenn man hungert, sich gegenseitig nervt und bis zur Erschöpfung kämpfen muss.
Kirsten Petersen, VOX-Unterhaltungschefin
Ihr Cast ist bunt gemixt; von der Studentin bis hin zum Soldaten – von der 20-Jährigen bis zum 60-Jährigen. Welche Gedanken stecken dahinter und wie schwer war es, Kandidaten zu finden?
Unser Cast zeigt eindrucksvoll, dass mit der richtigen Taktik jeder Spieler die Möglichkeit hat, bei «Survivor» erfolgreich zu sein. Völlig unabhängig von Beruf, Alter, Größe, Gewicht und Erfahrungen. Sportlichkeit und Survival-Skills können von Vorteil sein, bringen dem Spieler aber nichts, wenn er auf der strategischen und sozialen Ebene des Spiels versagt. Ob Dachdecker, Arzt, Lehrerin, Feuerwehrmann oder Politiker – in unserem «Survivor»-Cast haben alle die gleichen Chancen und versuchen auf ihre individuelle Art, sich 39 Tagen im Spiel zu halten. Viele von ihnen wissen durch die internationale Formatvorlage genau, worauf sie sich einlassen, sind teilweise große «Survivor»-Fans, aber auch das hilft nur begrenzt, wenn man hungert, sich gegenseitig nervt und bis zur Erschöpfung kämpfen muss. Wir haben aus einem großen Bewerberangebot bewusst sehr unterschiedliche Spieler mit verschiedenen «Survivor»-Strategien ausgewählt, denen man gerne zuhört, wenn sie völlig authentisch ihre Sicht auf das Spiel schildern. Das bietet eine bunte Vielfalt für das Identifikationspotenzial unserer VOX und TVNOW-Zuschauer.

Social Media ist ein wichtiger Werbefaktor geworden; schon seit Wochen wird im Netz für die Serie getrommelt. «Survivor» ist in diesem Punkt, auch wegen der Bilder, ein dankbares Projekt?
Ausdrucksstarke Bilder können online wie on air ein Schlüsselreiz sein – vor allem vor dem Start eines Formats. Letztendlich muss Usern aber ein inhaltlicher Mehrwert geboten werden, um die Social-Media-Kanäle von TV-Sendungen zu verfolgen. Hier hat es «Survivor» nicht einfacher als andere Sendungen. Um die Zuschauer auch online abzuholen, hatten wir über den kompletten Produktionszeitraum einen VJ vor Ort, der – vor allem mit den ausgeschiedenen Spielern – exklusives Material für die sozialen Medien gedreht hat. Zudem haben wir mit einer Billboard-Aktion das Pfahlstehen aus der Auftaktfolge am letzten Donnerstag in die Kölner Innenstadt und unter #survivorlive in die sozialen Netzwerke gebracht. Dass beim Wettkampf um die Wildcard für eine mögliche zweite Staffel Siegerin Solanny dort unglaubliche 27 Stunden ohne Schlaf, Nahrung, Toilette und Pause stehend ausharrte, hat ebenfalls für Aufmerksamkeit für unseren Neustart gesorgt.

Anders als ProSieben, die vor einiger Zeit ein Inselformat als Event zeigten, setzt VOX auf eine wöchentliche Ausstrahlung. Kam die Event-Programmierung jemals in Betracht und wieso ist die klassische, wöchentliche Ausstrahlung doch geeigneter?
Eine Event-Programmierung haben wir von vornherein nicht in Betracht gezogen, da wir den Zuschauern unsere anderen Formate an den gewohnten Abenden nicht vorenthalten möchten.

Danke für das Gespräch.
16.09.2019 08:00 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/112193