Die Spur wird heißer: ProSiebenSat.1-Chefetage denkt über deutschen News-Sender nach

Erst kürzlich startete in Österreich der 24-Stunden-Breaking-News-Sender Puls24. ProSiebenSat.1-CEO Max Conze bezeichnete diesen als Test auch für Deutschland.

Hallo Puls24!

Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn die Idee eines ProSiebenSat.1-News-Senders für Deutschland nach solch offenen Worten von Max Conze noch scheitern würde. Für die Meinungspluralität in unserem Land wäre ein solcher Kanal nur begrüßenswert. Allzu leicht wird er es aber nicht haben, mit seinen zweieinhalb Konkurrenten n-tv, WELT und tagesschau24. Für den zu Springer gehörenden Kanal WELT sind die Gedankenspiele seitens ProSiebenSat.1 vielleicht sogar ungünstig. Die Berliner produzieren nach wie vor alle Nachrichtenformate der Sendergruppe. Eine Aufgabe, die mit Start eines eigenen Kanals sicherlich, nicht mehr nach extern vergeben würde. Aber wer weiß, welche Möglichkeiten sich ergeben. KKR ist kürzlich bei Springer in großem Maße eingestiegen. Und Investoren schauen in der Regel vor allem auf die Rendite. Nicht auszuschließen also, dass sogar WELT “zurück nach Hause” kehren könnte. Gründsätzlich würde sich für die ProSiebenSat.1-Gruppe im Sinne möglicher Synergien aber anbieten, auch in Deutschland eine Newsmarke unter dem Label Puls24 aufzubauen. Das würde nicht nur farblich viel Pepp in die deutsche TV-Landschaft bringen.
Kurz kommentiert von Manuel Weis
Es war der 24. Januar 2000, also vor fast 20 Jahren, als die ProSiebenSat.1-Gruppe mit N24 einen eigenen 24-Stunden-News-Kanal startete und mit diesem dem Wettbewerber RTL mit n-tv entgegen trat. Zehn Jahre später, Mitte 2010, stand der Nachrichtensender bei der neuen Konzernspitze nicht mehr hoch im Kurs. Unter der Führung von Thomas Ebeling wurde ein Abstoßen forciert, das N24-Management entschied sich für einen so genannten Management-Buy-Out. Drei Jahre lang leitete man den Berliner Sender eigenständig, seit 2013 gehört N24 zur Axel-Springer-Gruppe, seit 2018 ist er in die WELT-Redaktion auch insofern integriert, als dass der Name nun WELT lautet.

Innerhalb ProSiebenSat.1 hat zuletzt merklich ein Nachdenken stattgefunden. Schon seit einigen Monaten war innerhalb des Vorstandes immer wieder zu hören, dass man - mehr oder weniger intensiv - über den Start eines eigenen Newssenders nachdenke. Conrad Albert etwa sprach in Interviews schon im vergangenen Jahr über ein solches Vorhaben. Er betonte damals auch, dass für Sender wie Sat.1 in den aktuell sehr politischen Zeiten über ein tagesaktuelles Mittagsmagazin nachgedacht werde. Zunächst aber wurde in Unterföhring eine eigene Magazin-Redaktion aufgebaut, die seit Ende August das montägliche Format «akte.» herstellt. Dass die umgebaute «akte.» dann auch noch mit mehr als 15 Prozent Marktanteil startete, dürfte die Chefetage in den Gedanken, künftig wieder Wert auf Journalismus zu legen, bestärkt haben.

Am Mittwoch nun äußerte sich nun erstmals ProSiebenSat.1-CEO Max Conze zum Thema Nachrichtensender. War war bei einem Panel der Messe Dmexco zu Gast und freute sich über den kürzlich erfolgten Start von Puls24, einem 24-Stunden-Breaking-News-Sender seines Unternehmens, in Österreich. Österreich sei ein Testmarkt für das, was die ProSiebenSat.1-Gruppe möglicherweise auch in Deutschland machen werden, sagte Conze. Besonders beeindruckt war Conze, dass der komplette Sender gerade einmal binnen drei Monaten aufgebaut wurde. Er spielte dabei darauf an, dass Puls24 erstmals mit vereinzelten Breaking-News-Formaten im Sommer zur Regierungskrise in Österreich informierte und nun seit September vollständig on air ist.


Wieso Conze und seine Vorstandskollegen sich wohl ebenfalls mit einem Live-News-Sender befassen, wurde später klar. In Bezug auf Joyn gesprochen, dem kostenlosen Streaming-Dienst der Gruppe, erwähnte Conze, dass die Welt aktuell ein bisschen zu besessen sei von Abo-Modellen. Vielmehr sei Werbevermarktung nach wie vor ein großartiges Geschäftsmodell. Conze dürfte aber auch wissen, dass zuletzt deutlich wurde, dass die Kraft des linearen Fernsehens immer weniger im Abspielen von US-Ware liegt (die gibt es flexibler bei den Abo-Diensten), sondern mehr in Live-Events und journalistischen Inhalten. Kürzlich experimentierte sogar ProSieben erstmals mit einem Primetime-News-Special. Anlässlich der Amazonas-Brände holte ein 15 Minuten langes Format ab 20.15 Uhr zweistellige Marktanteile, es folgte eine ProSieben-Ankündigung, solche Sendungen fortan häufiger produzieren zu wollen.
12.09.2019 07:33 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/112104