Die glorreichen 6 – Musikalische Jugendfilme (Teil V)

Junge Protagonisten, musikalischer Schwung: Diese Jugendfilme haben Musik in den sprichwörtlichen Knochen. Wie etwa «Teen Beach 2».

Filmfacts «Teen Beach 2»

  • Regie: Jeffrey Hornaday
  • Drehbuch: Matt Eddy, Billy Eddy
  • Story: Dan Berendsen, Robert Horn
  • Darsteller: Ross Lynch, Maia Mitchell, Grace Phipps, Garrett Clayton, Jordan Fisher, John Deluca, Chrissie Fit, Piper Curda
  • Kamera: Mark Irwin
  • Schnitt: David Finfer
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
  • Laufzeit: 104 Minuten
  • FSK: ohne Altersbeschränkung
2013 wagte sich der Disney Channel an eine Art eigenes «Pleasentville»: In «Teen Beach Movie» werden zwei surfverrückte Teenager in einen heiteren, klischeebeladenen 60er-Jahre-Musicalfilm über den ewigen Wettstreit zwischen Surfdudes und Rockern über ein cooles Strandlokal gesogen. Das Dasein in einem frohen, aber auch strenge Regeln befolgenden Film hat für das Pärchen Brady und McKenzie so seine beschwingten Vergnügen zu bieten, aber vor allem auch große Probleme – zumal ihr Auftauchen in Bradys Lieblingsfilm den Plot und somit die ganze Filmwelt aus der Bahn lenkt. Nachdem sie sich aus dem Film befreien konnten, schien die Story über das Surferpaar beendet. Aber zwei Jahre später legte der Disney Channel ein Sequel nach, in dem die Vorzeichen verdreht werden:

Mit dem Ende der Schulferien und der Rückkehr ins Schulleben fürchten die geordnete "Mack" und ihr chaotischer, stets größeren Wert auf Vergnügen setzender Freund Brady, dass ihre in den Ferien begonnene Romanze ein baldiges Ende nehmen wird, zumal sie auch gänzlich gegensätzliche Freundeskreise haben. So weit, so sehr grüßen «Grease» und «High School Musical». Doch dann tauchen auf einmal die Hauptfiguren aus Bradys Lieblingsfilm «Wet Side Story» im wirklichen Leben auf, woraufhin das Paar, das gerade schwer damit beschäftigt ist, seine eigene Beziehung am Laufen zu halten, mit der zusätzlichen Aufgabe betreut wird, ihre fiktiven Freunde an die Tücken und Freuden der Realität heranzuführen. Derweil droht «Wet Side Story», sich in Luft aufzulösen, da die Hauptfiguren fehlen …

«Teen Beach 2» ist ein Film, mitten aus der mit «High School Musical» begonnenen Flut an Disney-Channel-Filmen mit campiger Stimmung: Kitschig-grelle, ironisch angehauchte, um ihre aufgedrehte Art wissende Filme, die ihre Eigenarten kess ausspielen. Was mit dem einst als «Grease»-Abklatsch entwickelten «High School Musical» noch partiell naiv anfing, ist in «Teen Beach 2» schon wesentlich ausgereifter: Die Familienmusicalfilmklischees werden durch die «Wet Side Story»-Figuren keck kommentiert und erhalten dennoch ihren liebevollen Tribut, so sehr, wie Brady und in manchen Augenblicken auch Mack die Simplizität dieser Filme bewundern. Und während sich «High School Musical» noch stellenweise für seine Musicalidentität zu entschuldigen scheint, trägt «Teen Beach 2» sie mit stolz geschwellter Brust vor sich her – was in einen «Footloose»-esken Schultanz mündet, in dem die Hauptfiguren einen eingängigen, flotten Retrosong vortragen, der alle Nostalgieknöpfe drückt, und nebenher noch ganz elegant Bradys und Macks Konflikte durch Gesang und Tanz löst.

Darüber hinaus ist «Teen Beach 2» ein pfiffiger, früher Vertreter der feministisch angehauchten Welle an Produktionen aus dem Disney-Konzern, anhand derer sich die kulturellen Fortschritte unserer Jahre ablesen lassen: Schon «Teen Beach Movie» hatte progressive Anklänge, wann immer Mack den weiblichen «Wet Side Story»-Figuren dazu geraten hat, auch mal Entscheidungen zum eigenen Wohl zu treffen. «Teen Beach 2» geht aber ein paar Seemeilen weiter und macht einen vergnüglichen Handlungsfaden daraus, wie die 60er-Mentalität aus «Wet Side Story» mit Macks Heute kollidiert und sämtliche Figuren (nicht bloß die weiblichen) erkennen, dass es keine Frage des Zeitgeistes, sondern des gesunden Menschenverstands ist, dass Frauen nicht an den Rand gedrängt gehören. Mit Augenzwinkern wird im «Teen Beach 2»-Filmuniversum gar etwas filmischer Geschichtsrevisionismus betrieben.

Würden die gallige Kommentare schreibenden Trolle, die Disney auf dem Kieker haben, weil der Konzern nach über 20 Marvel-Studios-Filmen auch mal eine Frau in den Fokus rückt und im «Star Wars»-Universum eine junge Frau, die als Waise auf einem rauen Planeten aufgewachsen ist und daher früh gelernt hat, für sich zu sorgen und sich zu verteidigen, als fähigere Kämpferin zeichnet als einen früheren, wohl behütet aufgewachsenen Farmersjungen, auch Disney-Channel-Filme schauen, ihnen würden wegen «Teen Beach 2» ein paar Hirnäderchen platzen. Und schon das allein macht, begleitet von den sommerlich swingenden Rhythmen der Selbststolz-Teeniehymne "Gotta Be Me", «Teen Beach 2» zu einem quirligen Glanzlicht unter den musikalischen Jugendfilmen.



«Teen Beach 2» ist auf DVD erhältlich.
19.05.2019 07:52 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/109426