Die Kritiker: «Watzmann ermittelt»

Ein Eingeborener und ein Zugereister ermitteln sich durch Bayerns Südosten. Der Serienneustart ist Vorabend pur – samt einem der ungleichsten Ermittlerpaare ever.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Andreas Giebel als Benedikt Beissl
Peter Marton als Jerry Paulsen
Ines Lutz als Johanna Beissl
Barbara Weinzierl als Elisabeth Beissl
Kathrin von Steinburg als Maria Beissl
Leonie Brill als Eva Beissl
Nepo Fitz als Max Ruffer

Hinter der Kamera:
Produktion: Lucky Bird Pictures
Drehbuch: Karin Michalke, Paul J. Milbers, Stefan Betz, Julie Fellmann, Herbert Kugler, Stefan Hering, Simone Zahn und Klaus Rohne
Regie: Tom Zenker und Carsten Fiebeler
Kamera: Thomas Schiller und Niv Abootalebi
Produzenten: Boris Ausserer und Oliver Schündler
Der bayerische grantige Hauptkommissar Benedikt Beissl (Andreas Giebel) aus dem Berchtesgadener Land ist wenig erfreut, als ihm der freundlich-professionelle Sakkoträger Jerry Paulsen (Peter Marton) als neuer Kollege vorgestellt wird – noch dazu, weil es sich bei jenem Neuzugang zugleich um den Lebensgefährten seiner Tochter handelt. Jerry ist gerade aus Hamburg der Liebe wegen in die bayerische Provinz gezogen, wo er als schwarzer Mann schnell dem augenzwinkernden Alltagsrassismus der Ureinwohner begegnet: „Habt’s etz a scho an Flüchtling aufg’nommen?“ vom bodenständigen Bergwachtskollegen wird noch einer der harmloseren Sprüche sein.

Der erste Fall wartet natürlich schon: Ein alter, dementer Mann – dem alteingesessenen Grantler-Bene als Eigentümer eines nahegelegenen Hofes bestens bekannt – wurde eine Schlucht hinuntergestoßen. Jetzt liegt er mit einer Gehirnerschütterung in der Klinik, wird aber von den bürgernahen Berchtesgadener Cops bald wohlbehalten zuhause abgesetzt. Dort erwartet ihn schon seine überforderte Tochter beim Heuzusammenkehren im Garten; der fesche Enkel ist weniger erfreut, weil er schon lange dabei zusehen muss, wie aufgrund der wirtschaftlichen Untätigkeit seiner Mutter und der dementen Sturheit seines Großvaters alles den Bach hinuntergeht.



Stück für Stück stoßen Ben und Jerry bald auf das übliche Dorfkomplott: Stinkreiche Gemeinderäte hätten ein großes Interesse daran, dem abgewirtschafteten dementen Hofbesitzer eine Wiese abzuluchsen, um sie dann – sobald sie als Bauland deklariert ist – um ein Vielfaches weiterzuverscherbeln. Und dann ist da natürlich noch eine alte Liebesgeschichte im Leben des Opfers, die ebenfalls ein Mordmotiv liefern könnte.

Schon zur Premiere macht «Watzmann ermittelt» also klar, dass man keinerlei Hemmungen hat, sich als zünftiger Alpenkrimi zu gerieren und dabei alle stereotypen Motive abzuhaken, die einem bei den Stichwörtern Bayern und Berge eben so einfallen: ruinöse Einödhöfe, Grundstücksstreitereien, dirndltragende Frauen, bierselige verschworene Gemeinschaften, Schlitzohrigkeit und grantelnde Polizisten. Dass am Schluss der Jungspund mit einem saftigen „I wui den Scheißhof ned“ der Erbenplanung eine Absage erteilt, und anschließend mit seinem Jagdgewehr und einem „Jetz‘ wird ab’g’rechnet!“ auf dem Motorradl loszieht, setzt schließlich den Klischees die Bergkrone auf.

Fehlt als letztes Stereotyp nur noch: die Ablehnung des Fremden. Das tritt in Form des schwarzen Hamburgers Jerry Paulsen auf, der zwar von der Familie seiner Partnerin (außer dem Schwiegervater) herzlich und von anderen Kollegen freundlich-interessiert aufgenommen wird, bei den degenerierteren der Berchtesgadener aber doch auf bestimmte Widerstände stößt. Muss man noch erwähnen, dass sich die Kombination aus griesgrämig-bierbäuchigem Ureinwohner-Cop und adrett-aufgeschlossenem Zugr’oasten auf der Wache am besten Wohl mit „ungleiches Ermittlerpaar“ umschreiben ließe?

Das Erste zeigt acht Folgen von «Watzmann ermittelt» immer mittwochs, ab dem 8. Mai um 18.50 Uhr.
08.05.2019 10:27 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/109147