«Game of Thrones»: Hurra, diese Welt geht unter!

In Folge drei der achten Staffel von «Game of Thrones» nahm die längste Schlacht der Filmgeschichte ihren Lauf. Wie gut die Folge war, wer starb und was vor Serienfans liegt. Vorsicht, Spoiler!



Jahrelang haben «Game of Thrones»-Fans auf die Episode hingefiebert, die am Sonntag in den USA ihren Lauf nahm und bereits in der Nacht auf Montag von Tausenden deutschen Fans erstmals angesehen wurde. Letztlich kam „Die lange Nacht“ früher als erwartet. Die Episode, die die längste Kriegsschlacht in TV- und Filmgeschichte beinhaltet und 55 Nächte lang gedreht wurde, hätten Beobachter vor Beginn der Staffel bei sechs ausstehenden Episoden wohl eher gegen Ausgabe fünf oder sogar sechs erwartet, schließlich steht darin alles auf dem Spiel: Die Zombie-Horden der Weißen Wanderer stehen endlich an den Toren Winterfells, sodass es zum ultimativen Showdown zwischen Gut und Böse, zwischen Lebenden und Toten kommt.

Viele Theorien rankten sich gerade innerhalb der vergangenen Woche um den Ablauf dieser schicksalshaften Fernsehepisode, die fast 80 Minuten Laufzeit zählte. Fans hatten viel Zeit und Muße, sich in Spekulationen zu üben, denn so richtig viel her gab die vergangene Episode nicht, die reich an Dialogen und arm an Action und neuen Entwicklungen war. Sie befriedigte vor allem die sentimentalen «Game of Thrones»-Fans mit einigen emotionalen Momenten zwischen verschiedenen Figuren, die in vielen Fällen Vorboten für deren Tod in der kommenden Episode sein sollten. Dass der Ritterschlag einer Nebenfigur der zweiten Episode aus Staffel acht ihren Titel lieh, verriet bereits, dass «Game of Thrones» sich die wirklich nennenswerten Geschehnisse für „Die lange Nacht“ aufheben würde.

Die Rückkehr der roten Priesterin


„Die lange Nacht“ – dieser Titel sollte sich schon rein optisch als überaus passend herausstellen, denn wie schon in der vorangegangenen Folge war es derart dunkel, dass in einigen Einstellungen nur wenig von den sehr spektakulären Geschehnissen zu sehen war. Im Nachhinein bedankten sich im Internet sogar massenhaft Fans bei der roten Priesterin Melisandre, die durch ihre Kraft, Feuer entstehen zu lassen, mehrmals Abhilfe schuf und Licht ins Dunkel brachte. Feuer – das war auch das erste Mittel der Wahl seitens der Armee der Lebenden. Denn neben valyrischem Stahl und Drachenglas ist Feuer die einzig bekannte wirksame Waffe gegen die Zombiekrieger. Letztlich stellte sie sich als nicht sonderlich potent heraus, weil erst die Dothraki-Reiter mit flammenden Schwertern gegen den ersten Ansturm der Weißen Wanderer komplett verheizt wurden und später ein flammender Graben vor der Burg Winterfells von den Körpern einiger Untoter mühelos gelöscht wurde.

Und trotzdem sollte sich Melisandre, die Zuschauer schon seit vielen Staffeln begleitet, von großer Bedeutung sein. Dass sie in der aktuellen Season bislang kaum zu sehen war, ist wohl auch der Weisheit der Serienmacher zu verdanken. Wer nicht zu sehen ist, über den werden auch keine Theorien gespinnt, die das Ende vorwegnehmen. Doch bis Melisandre wieder auf der Bildfläche erschien, lagen große Teile des Spektakels schon hinter den Zuschauern. Die alliierten Königshäuser hatten den Untoten wenig entgegenzusetzen und wurden schon bald in die Burg zurückgedrängt. Der Weg dorthin war allerdings überaus effektvoll inszeniert und hielt aus Action-Sicht, was der Fan-Hype im Vorfeld versprach.

Krieg & Horror bringen inszenatorische Brillanz


Inszenatorisch kennzeichnete diese Schlacht cineastische Spitzenklasse. Regisseur Miguel Sapochnik soll dafür die «Herr der Ringe»-Trilogie studiert haben. Schon ab der ersten Einstellung wurde aber klar, dass er gerade in Sachen Kamerafahrten choreografisch noch eine Schippe drauflegen wollte. Mal trat der Grauen dieses übernatürlichen Krieges in chaotischen Schlacht-Szenen mit zähnefletschenden Zombies, spritzendem Blut und umherfliegenden Zombie-Gebeinen hervor, mal folgte die Kamera ruhig einzelnen bekannten Figuren wie zum Beispiel dem alles andere als kriegstauglichen Samwell Tarly oder – und das sollte sich als besonders wichtig herausstellen – Arya Stark.

In den Szenen, die Arya im Inneren der Burg verbrachte, verwandelte sich die Folge plötzlich zum Horrorfilm umherschleichender Zombies und blankem Überlebenswillen. Diese zweite Erzählebene, die plötzlich ganz auf die bekannten Mechaniken von Horror und Suspense setzte, brachte der Folge die nötige Abwechslung und einen neuen Kick, den Schlachtszenen nie bewerkstelligen könnten.

Die bemerkenswerten Fähigkeiten der jüngsten Stark-Tochter, die sie sich über den Verlauf der Serie angeeignet hat, wurden derart exponiert dargestellt, dass schnell klar wurde: Diese junge Frau könnte für die kleine Hoffnung der Lebenden entscheidend sein. Doch selbst als sie nach vielen Staffeln erneut auf die prophetische Melisandre traf und diese ihre Bedeutung in diesem Krieg andeutete, waren Fans noch nicht auf das Ende vorbereitet, das später folgen sollte. Wie auch? „Die lange Nacht“ legte ein derart hohes Tempo vor, dass kaum Zeit blieb, zwei Schritte vorauszudenken. Ein Mix aus Spannung und kurzer Entspannung, Gänsehaut und Herzzerbrechen, Großartigkeit und Intimität ließ Fans hemmungslos mitfiebern.

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Der Nachtkönig lässt die Hoffnung schwinden – und stirbt


8. Staffel «Game of Thrones»:

  • Ausstrahlung: 14. April - 19. Mai
  • Episodenanzahl: 6
  • Laufzeiten: 54 - 80 min.
  • Budget: 15 Mio. Dollar pro Folge
  • Regisseure: David Benioff, D. B. Weis, Miguel Sapochnik & David Nutter
Spätestens mit dem Eingriff des Nachtkönigs in die Schlacht wendete sich das Blatt. Mit seinem Zombie-Drachen hielt er die auf zwei weiteren Ungetümern reitenden Targaryens Jon Snow und Daenerys auf Trab und von seinen Zombie-Horden fern. Später belebte er innerhalb Winterfells die zahlreichen Toten wieder, um den Überlebenden so die letzte Hoffnung zu nehmen.

Zwar sollte des Nachtkönigs Eisdrache letztlich nicht so entscheidend für den Verlauf der Schlacht sein, wie zunächst angenommen, die späte Massenauferstehung der Toten schien den Lebenden allerdings den Rest zu geben. Nachdem Jon Snow seine Chance vertan hatte, dem König der Untoten den Garaus zu machen, kam es zum Moment des letzten Widerstands, als der Nachtkönig mit seinen Generälen bei Bran Stark aufschlug. Letzterer hatte sich seit Anfang der Schlacht mit den Eisenmännern im heiligen Hain der Starks verschanzt. Erst vergangene Woche hatte er außerdem das Motiv des Nachtkönigs verraten, der es sich zum Ziel setzte, Bran – der als dreiäugiger Rabe das gesammelte Menschheitswissen in sich vereint – zu töten und damit die Menschen und all ihre Erinnerungen auszulöschen.

Der Nachtkönig hob sein Schwert … und wurde aus dem Hinterhalt von der Assassine Arya Stark angefallen, die zunächst zwar festgehalten wurde, mit einem gekonnten Trick aber ihr Drachenglas-Messer in die andere Hand fallen ließ und dem Nachtkönig den Todesstoß versetzte. Wie es die Serie zuvor bereits etabliert hatte, zerfiel die Armee der Toten in der Folge zu Staub. Die Bedrohung war abgewandt, die Menschheit gerettet. Nicht ohne Verluste, gleichwohl der Massen-Exodus bekannter Charaktere nicht so krass ausfiel wie zuvor von vielen erwartet.

Wer die Episode nicht überlebte


Als erstes starb Dolorous Edd, Kommandant der Nachtwache. Schon größere Reaktionen erzeugte der Märtyrer-Tod von Fan-Liebling Lyanna Mormont. Die junge Lady von Bear Island wurde von einem Zombie-Riesen zerquetscht, nicht ohne diesem vorher ein Messer ins Auge gerammt zu haben. Der bereits mehrmals wiederbelebte Beric Dondarrion starb, um seine Bestimmung zu erfüllen, Arya Stark zu retten, die die Schlacht entschied, ehe Theon Greyjoy, der die spektakulärste Reise aller Charaktere hinter sich hat, den Nachtkönig töten wollte, aber scheiterte. Neben dem Nachtkönig starb auch Jorah Mormont – wie könnte es anders sein – in heldenhafter Aufopferung seiner geliebten Königin Danerys Targaryen. Die Episode endete schließlich mit dem Tod Melisandres, die diesen schon zu Beginn der Folge voraussagte. Der Dienst der jahrhundertealten Hexe an der Menschheit war getan.

Was bedeutet diese Folge nun für Fans und die kommenden Episoden? Auf eine Weise übertraf die Schlacht von Winterfell aufgrund ihrer schieren Dimension die Erwartungen vieler Fans, ließ aber viele Spekulationen ins Leere laufen. Weder die Nachtkönig-Bran-Theorie, noch die Prophezeiung um den mutmaßlich Auserwählten Jon Snow erfüllte sich. Zudem sah man keine der beliebten Figuren als Untote wiederkehren und zahlreiche weitere Theorien liefen ins Leere. Ist das nun gut oder schlecht? Das muss jeder Fan selbst entscheiden, doch eigentlich hätten die Autoren es nicht besser machen können.

Denn welche Überraschungen hält ein Format noch bereit, das schon so viele Wendungen bot, dass eigentlich nichts mehr überraschen kann? Indem es sich den zahlreichen Fan-Theorien entgegenstellt. Und wer bei Aryas trotzdem komplett überraschenden Messerstich gegen den Nachtkönig nicht aufschrie, hat «Game of Thrones» nie geliebt. Die Autoren schafften es, Arya über die Jahre mit allen Waffen auszustatten, die sie brauchte und trotzdem als große Überraschung zur Heldin aufsteigen zu lassen. Sie tötete den Nachtkönig exakt an der gleichen Stelle, wo er erschaffen wurde und rettete Bran mit der Klinge, die einst für dessen Ermordung bestimmt war.

«Game of Thrones» besinnt sich auf seine menschliche Wurzeln


Kritisch muss dennoch der seit Staffel eins gesponnene Handlungsstrang um die Weißen Wanderer gesehen werden, der in der Rückschau einigermaßen bedeutungslos erscheint. Einen tieferen, philosophischen oder mythischen Sinn schien der finale Schlagabtausch am Ende nicht zu haben. Letztlich war die Schlacht der Lebenden gegen die Toten genau das – eine Schlacht, die nur einen Sieger kannte. Keine erfüllten Prophezeiungen, Parabeln auf unsere Gesellschaft oder metaphysische Auflösungen.

Dass die große Schlacht nun schon geschlagen wurde, zeigt, dass sich die Serienmacher in den verbleibenden Folgen lieber dem widmen, was das Format einst groß gemacht hat: Das «Game of Thrones», also intrigante Ränkespiele, unbändiger Machtwille und rücksichtslose Gewalt. In Westeros regiert nicht der rechtmäßige Thronfolger, sondern der listigste und stärkste. Das haben Fans im Laufe der Serie schnell gelernt. Diese Elemente will «Game of Thrones» in die Serie nun wieder Einzug halten lassen. Doch die Konstellationen sind nach der epischen „Schlacht von Winterfell“ gänzlich andere.

Eigentlich hatte die Fantasy-Serie schon immer eine zutiefst menschliche Wurzel. Drachen, Riesen oder andere mythische Geschöpfe dienten nur dazu, die menschlichen Grautöne aller Charaktere noch mehr zu betonen und als Vehikel für eine sehr ursprüngliche Erzählung, die sich vollständig auf menschliche Urinstinkte reduzieren lässt. Dass eine Menge geliebter Figuren entgegen der Erwartungen am Ende doch noch aufrecht standen, kann also auch der Tatsache geschuldet sein, dass die Serienmacher diese lieber in Folge derer menschlichen Motive sterben lässt: Aufgrund von Familie, Rache, Liebe, Treue und Ehre. In einem weiteren bevorstehenden Krieg, der nur noch Lebende kennt und der die Frage aufwerfen wird, ob diese kriegstreibenden und todessehnsüchtigen Menschen denn gar nichts gelernt haben.
29.04.2019 11:57 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/108950