Glücksspielstaatsvertrag: Welche Hoffnungen darf sich Lotto machen?

Am 21. März 2019 einigten sich die Regierungschefs der Bundesländer in Berlin auf einen dritten Glücksspieländerungsvertrag. In den weitgehend unregulierten Wettmarkt soll jetzt, zumindest laut Wünschen der DLV, endlich Bewegung kommen.

Die Rechtslage des Glückspielmarktes ist in Deutschland eine äußerst komplizierte Geschichte. Seit Jahren wünschen sich die verschiedensten Seiten endlich eine klare Linie und eine Regulierung des Marktes durch die verschiedenen Bundesländer, bisher ohne großen Erflog. Einen Blick in die Zukunft des Glückspiels zu werfen ist sehr schwer, denn wie sich die Länder einigen werden, weiß niemand so genau. Wie bei vielen Themen, die auf Länderebene beschlossen werden, zieht sich auch hier der Prozess einer klaren Einigung in die Länge.

Nun folgte endlich mal ein Schritt in die richtige Richtung. Am 21. März 2019 einigten sich die 16 Regierungschefs der Bundesländer auf den neuen Glücksspieländerungsvertrag (3.GlüÄndStV). Dies ist bereits der dritte Anlauf, um den 2008 geschlossenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) zu reformieren. Während die erste Änderung 2012 weitestgehend in Kraft trat, scheiterte der zweite GlüÄndStV im Ratifizierungsprozess. Nun wurde alles für den dritten GlüÄndStV in die Wege geleitet, der erst einmal bis Juni 2021 gültig sein soll. Fällig wurde die neue Regulierung, da die siebenjährige Ausnahme vom staatlichen Monopol für Sportwettenanbieter 2019 endete. Diese Experimentierphase wurde mit dem neuen Änderungsvertrag fürs erste bis 2021 verlängert. Somit ändert sich -leider aus Sicht der Anbieter- für die nächsten zwei Jahre im Sportwettenbereich nur wenig, die halblegale Zone wird weiter geduldet und in Kauf genommen (Mehr zur Lage der Sportwetten).

Aus Sicht des deutschen Lottoverbandes sind die neuen Bewegungen im Glücksspielrecht aber immerhin „ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“. Nun erhofft sich die Branche, dass endlich an einer einheitlichen und zufriedenstellenden Lösung für alle Beteiligten gearbeitet wird. „Die Bundesländer müssen jetzt die nächsten Monate intensiv nutzen, um mit Beteiligung der Branchenverbände eine grundlegende, kohärente Reform der deutschen Glücksspielregulierung auf den Weg zu bringen, die auch die Lotterien einschließt. Wir stehen für konstruktive Gespräche bereit", betonte Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes (DLV).

Gerade für die klassische Lotterie sind eine Reform und eine Lockerung des Glückspielmonopols dringend notwendig. Denn die Umsätze der bekannten Lotterie „Lotto 6aus49“ brachen in den vergangenen zehn Jahren um ein Drittel ein. Dass diese schlechte Lage nicht am Spiel an sich liegt, sondern auch an der mangelnden Gesetzgebung, zeigt der Blick zum Rest Europas. Dort wuchsen die Umsätze der Lotterien im gleichen Zeitraum um ein Viertel, während es bei uns bergab ging. Die Talfahrt des klassischen Lottospiels begann im Jahr 2008 mit Einführung des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV). Infolge der Begründung der staatlichen Monopole mit Suchtgefahren mussten Werbung und Vertrieb von Lotto sowie Klassen- und Soziallotterien stark eingeschränkt werden. Der Lotterievertrieb durch private Lotterievermittler, die zuvor bis zu 20 Prozent der Lotterieumsätze generiert hatten, wurde faktisch verboten. Im europäischen Vergleich sind den Bundesländern dadurch seit Einführung des GlüStV allein im Bereich der Lotterien rund 15 Milliarden Euro an Steuern und Zweckerträgen entgangen.

Erst 2011 gestand man das Vermarktungsproblem ein und beendete mit dem ersten GlüÄndStV das Vertriebsverbot für Lotto über das Internet und ermöglichte einen grenzüberschreitenden Lotto-Jackpot sowie Spielbank-Werbung. In diesem Vertrag wurde auch die Lage der Sportwettenanbieter mit der bereits erwähnten Experimentierphase „geregelt“, die jüngst erst um zwei Jahre verlängert wurde. 2011 wurde nach Artikel 10a festgehalten, dass maximal 20 Konzessionen für staatliche und private Anbieter von Sportwetten vergeben werden. Diese Vergabe wurde von vorne herein kritisiert und 2014 als nicht marktgerecht erklärt, da bereits 133 (illegale) Sportwettenseiten in Deutschland existierten. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden stoppte 2015 schließlich die Vergabe, da der Vergabeprozess als intransparent und verfassungswidrig eingestuft wurde. Zudem erklärte der europäische Gerichtshof den GlüÄndStV als nicht mit dem EU-Recht konform und drängte seitdem auf eine Anpassung. Doch auch die meisten neueren Bemühungen verpufften bis heute. Der zweite Änderungsvertrag, der nebenbei 35 Sportwettenanbietern vorläufige Lizenzen erteilte, trat nie in Kraft, da die Zustimmung von NRW und Schleswig-Holstein fehlte. Letztere gehen schon seit 2011 einen eigenen Weg, der deutlich liberaler mit dem Thema Glücksspiel umgeht.

Somit bleibt die gesamte Branche weiterhin zu großen Teilen unreguliert. Mit dem derzeitigen Stand ist jeden Falls keiner zufrieden. Daher appelliert die DLV auch nach der neusten Einigung an die Bundesländer, eine umfassende Reform der Regulierung aller Glücksspielbereiche auf den Weg zu bringen. "Eine risikoadäquate Lockerung von Produkt-, Werbe- und Vertriebsbeschränkungen für Lotterien ist unumgänglich, um das Gemeinwohl nachhaltig zu sichern.", so Faber. Ob nun endlich eine zufriedenstellende Lösung für die Rechtslage in der Glücksspielbranche in Sicht ist, wird sich zeigen müssen.
28.03.2019 11:00 Uhr  •  Niklas Spitz Kurz-URL: qmde.de/108207