Pro & Contra: Ist der Artikel 13/17 sinnvoll?

Nun haben wir endlich Gewissheit: Am Dienstag, den 26. März 2019, stimmten die Parlamentarier im europäischen Parlament für die neue EU-Urheberrechtsreform. Trotz zahlreicher Kritik werden die umstrittenen Uploadfilter kommen.

Die Debatte sorgte vor allem bei jungen Menschen für ein zunehmendes politisches Interesse, auch wenn das Ergebnis für diese jetzt ernüchternd ausfiel. Um die Umsetzung noch zu verhindern, gingen in den vergangenen Wochen viele Gegner auf die Straßen und versuchten auf die Fehleranfälligkeit hinzuweisen und die EU-Reform noch zu verhindern. Allerdings haben sich die Verantwortlichen nicht beirren lassen und die Gesetze trotzdem durchgedrückt. Im Herbst letzten Jahres wurde noch mit 438 Stimmen zu 226 Gegenstimmen für den Entwurf gestimmt. Nun fiel das endgültige Ergebnis am 26. März zur Mittagszeit 348 zu 274 für die Urheberechtsreform aus. Damit ist die Reform mit einer Mehrheit von 74 Stimmen beschlossene Sache. Durch die Proteste schienen immerhin fast 100 Abgeordnete ihre Meinung geändert zu haben, so dass es letztendlich noch eine knappe Sache wurde.Der umstrittenen Richtlinien steht nun aber nichts mehr im Wege und wir werden sehen, welche Folgen Uploadfilter und Co wirklich haben werden. Egal wie die Umsetzung konkret aussehen wird, die Reform ist und bleibt ein Streitthema.

Pro von Fabian Riedner


Endlich wird ein Monopolist gebändigt! Der sperrige Titel „Richtlinie (EU) …/2019 des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG“ befasst sich gleich mit mehreren Themen, aber Artikel 13 steht im Mittelpunkt der Diskussionen. Es geht um einen Upload-Filter, der als Software-Lösung eingesetzt wird. Mit dessen Hilfe sollen beim Hochladen von Videos Inhalte erkannt werden, für die der User keine Rechte besitzt.

Es gibt durchaus die Befürchtungen, dass einzelne Ausschnitte in Zitatform – wie sie erlaubt sind – auch automatisch geblockt werden. Die Videoplattform YouTube rief deshalb im firmeneigenen Blog auf, dass die Mitglieder sich politisch engagieren sollen. Tatsächlich ist das Thema „YouTube“ und „Uploadfilter“ kaum medial besprochen worden. Selbst am Tag der Urheberrechtsreform sind unzählige Raubkopien bei YouTube verfügbar. Schlimmer noch: YouTube ist nicht nur der Plattformbetreiber für Raubkopien, sondern lässt Diebe mit ihren geklauten Werken auch noch Geld verdienen. YouTube ist also nicht nur ein Schlaraffenland für Betrüger, sondern belohnt diese Diebe des geistigen Eigentums Anderer in Form von Werbeeinnahmen. Und warum das? Weil YouTube selbst damit viel Geld umsetzt.





Der Uploadfilter ist schon seit einigen Monaten Gesprächsthema, allerdings bewegt sich YouTube kein Stück. YouTube ist die weltweit führende Videoplattform, die sich nicht um ihre Inhalte kümmert. Eine andere Wahrheit ist nämlich auch, dass YouTube auch nicht gerade ein Freund und Helfer ist, gemeldetes Material zu entfernen und dem Raubkopierer zu überstellen. Selbst wenn ein Video gelöscht wird, zeigt YouTube den Benutzer nicht an, sodass die Polizei ermitteln kann. Es wird lediglich ein Minimalaufwand betrieben, um die Kosten so gering wie möglich zu halten und keinen einzigen User zu verlieren.

YouTube ist gegen den Uploadfilter, weil sie Angst haben, sie könnten für die User uninteressant werden. Das Unternehmen hat allerdings seit Jahren seine Sorgfaltspflicht verletzt. Außer im Porno-Bereich: Da ist YouTube bestens aufgeräumt. Doppelmoral eben.

Contra von Niklas Spitz


Natürlich müssen große Internetkonzerne, wie YouTube oder Facebook, mehr in die Pflicht genommen werden und natürlich braucht Europa dringend ein zeitgemäßes Urheberrecht. Trotzdem ist die neu eingeführte Urheberrechtsreform ein Desaster für die Freiheit im Netz. Zwar stärkt die neue Richtlinie die Position der Urheber gegenüber den großen Online-Plattformen, dafür nimmt sie aber auch in Kauf, dass ein neues Mittel der Zensur in Europa Einzug findet und zahlreiche kleine Content-Creator auf der Strecke bleiben werden.

Europa benötigt auf jeden Fall eine Reform des Urheberechts, aber eben nicht diesen Entwurf. Obwohl die Abgeordneten im EU-Parlament über drei Jahre daran gearbeitet haben, finden sich in der neuen Richtlinie leider immer noch sehr kritisch zu bewertende Teile, die nun mit verabschiedet wurden. Jeder Experte beteuert, dass die Durchführung von Artikel 13 (final Artikel 17) auf Uploadfilter hinauslaufen wird. Und diese Filtersysteme werden das Netz, so wie wir es kennen, stark beschränken. Denn kein Uploadfilter der Welt wird zu 100 Prozent richtig funktionieren. Selbst die Befürworter nehmen einfach in Kauf, dass legale Satire und Zitate nicht mehr so einfach den Weg ins Internet finden werden. Außerdem werden doch letztendlich die beschimpften Konzerne, wie YouTube, von der Umsetzung profitieren. Denn gerade die, die beschränkt werden sollen, besitzen bereits umfangreiche Filtersysteme und die Mittel diese entsprechend der Richtlinie weiterzuentwickeln. Künftig werden also die großen Plattformen ihre Systeme an die kleineren Domains verkaufen, da diese sich die Herstellung eigener Systeme nicht leisten können und trotzdem, dank Artikel 13, auf die Filter angewiesen sein werden, wenn sie weiter existieren wollen.

Besonders schlimm ist dabei, dass die neue Richtlinie zu großen Teilen von Internet-Laien und „Neuländern“ zusammen mit den großen Verlegerlobbys entworfen wurde. Auf die Erfahrungen und Einschätzungen der Internetnutzer hörte hier kaum jemand. Viel mehr noch: Während der gesamten Debatte wurden ihre Sorgen von Axel Voss und Co immer wieder ignoriert und als „konzerngesteuert“ abgetan. Es stimmt, dass viele, vor allem junge Menschen, erst durch den Einsatz von Netz-Berühmtheiten auf die kritischen Punkte der Reform aufmerksam gemacht wurden. Nur weil ein paar dieser Influencer etwas schlecht vorbereitet zu ihren Communities sprachen und unrealistische Zukunftsbilder zeichneten, sollte man die Sorgen und Ängste dieser Teile der Bevölkerung aber nicht klein reden, denn sie waren trotzdem begründet. Aber genau das wurde getan. Zuerst musste man sich anhören, dass die unzähligen besorgten Nachrichten an die Abgeordneten nur von konzerngesteuerten Bots stammten, dann versuchte man die Abstimmung vor die großen Protestaktionen zu legen und zu guter Letzt wurden die Demonstranten von Teilen der CDU-Fraktion sogar als gekaufte Schergen amerikanischer Konzerne abgestempelt. Wie ignorant kann man denn zu den Kritikern bitte noch sein?

Das Resultat im Parlament zeigt jedenfalls, wie viel den meisten Abgeordneten die Proteste auf der Straße wert waren. Nachdem die EU-Urheberechtsreform nun durch alle Instanzen bestätigt worden ist, haben die verschiedenen Staaten jetzt 24 Monate Zeit die Richtlinie nach den eigenen Vorstellungen umzusetzen. Obwohl große Teil der CDU/CSU für die Reform stimmten, verkündeten diese ja jüngst, dass man in Deutschland versuchen werde, auf Filter zu verzichten, und stattdessen Pauschallizenzen verteilen werde. Man gesteht sich also die Fehler im Entwurf ein und trotzdem muss sich Europa nun mit den Konsequenzen herum schlagen…. Für die Kritiker ist das Ergebnis jedenfalls eine ganz bittere Nachricht und viele werden ihre Schlüsse für die kommenden Europawahlen im Mai ziehen.
26.03.2019 13:04 Uhr  •  Niklas Spitz & Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/108191