YouTube und AGF legen erstmals vergleichbare Nutzungsdaten vor

Vor vier Jahren kündigte die AGF an, dass sie für das TV vergleichbare Reichweiten von YouTube erstellen wolle. Nun, im Jahre 2019, ist es endlich so weit: Es liegen zumindest die ersten exemplarischen Daten vor.

Im April 2015 spuckte die Arbeitsgemeinschaft für Videoforschung (AGF) hohe Töne, als sie verlauten ließ, dass bis zum Ende des Jahres erste Ergebnisse für YouTube vorliegen sollten. Ziel war es zum ersten Mal Nutzungsdaten der Online-Plattform zu liefern, die mit denen des Fernsehens vergleichbar sind. Schon damals betonte man, dass es wichtig sei die Netto-Reichweiten von Online-Bewegtbild-Anbietern in die Bewegtbildmessung zu integrieren, um einen gemeinsamen Standard zu gewährleisten. Um diesen Meilenstein zu erreichen, wollte man ein virtuelles „Mega-Panel“ installieren, welches aus Daten des von Nielsen betriebenen Online-Panels sowie des Cross Media Panels der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) bestehen sollte. Die Strukturen der Messung sollten sich damit grundlegend ändern. Diese Mitteilung schlug damals große Bahnen, allerdings kam danach erst einmal lange Zeit nichts. Um genau zu sein fast vier Jahre lang – bis jetzt.

Am 6. März stellten die AGF und YouTube erstmals gemeinsame Zahlen vor. Gemeint ist damit ein Bericht über die exemplarischen Nutzungsdaten des Oktobers 2018. Die nun erstmals veröffentlichten Werte spiegeln ungefähr das wieder, was sich schon viele gedacht haben. Die Nutzungsdauer übertrumpft die von bekannten Online-Mediatheken bei weitem. Die Werte geben an, dass die durchschnittliche Sehdauer bei Personen über 18 Jahren bei YouTube im Oktober bei 33 Minuten pro Tag lag. Im gleichen Zeitraum kommen die Mediatheken der TV-Sender nur auf zwei Minuten. Der Unterschied ist also gigantisch.

Zwar betrug der klassische TV-Konsum bei Menschen ab 18 Jahren mit 232 Minuten pro Tag immer noch deutlich mehr als die neuen Zahlen von YouTube. Allerdings sollte man schon einmal ein skeptisches Auge auf die großen Fernsehsender werfen, die so oft betonen wie wichtig auch die Zugriffe auf die Mediatheken angesichts sinkender TV-Reichweiten sind. Die neuen Zahlen belegen, dass der Anteil der Mediatheken am Gesamtpublikum im Vergleich zur linearen Nutzung weiterhin erschreckend gering ist und die TV-Anstalten sich nicht darauf ausruhen sollten. Denn YouTube zeigt nun auf, welches Potenzial wirklich bei den Online-Reichweiten liegt. Von der 33-Minütigen YouTube-Nutzung fielen übrigens drei Minuten auf Angebote zurück, hinter denen mit Abstrichen auch die Fernsehkonzerne selbst stecken. Damit liegt der Konsum auch hier wohl schon höher als bei den Mediatheken. Immerhin können die TV-Sender die große Plattform auch so für sich verwenden.

Schaut man sich die Zahlen des Internet-Giganten noch einmal genauer an, so stellt man schnell fest, welche riesigen Reichweiten wirklich hinter den Nutzungsdaten stehen. Zieht man nämlich in Betracht, dass die Plattform von den hohen Altersgruppen kaum bis gar nicht genutzt wird, kommt man schnell zu dem Schluss, dass vor allem die jüngeren Nutzer einen gewaltigen Anteil an den durchschnittlichen 33 Minuten pro Tag ausmachen müssen. Deren Nutzungsdauer dürfte somit weitaus höher liegen. Vielleicht schon in ähnlichen Höhen wie der eigentliche TV-Konsum. Um solche Thesen aber genauer zu erfassen, fehlt es den Daten an einer soziodemografischen Aufschlüsselung. Momentan kann man nur mutmaßen. Interessant ist aber auch, dass mittlerweile 60 Prozent der Streaming-Nutzung auf mobile Geräte entfällt. Die übrigen 40 Prozent machen Laptops und Desktop-PCs aus.

Auch wenn die AGF vier Jahre auf sich warten ließ, freut man sich nun über die ersten veröffentlichten Daten und ist stolz auf das gemeinsame Ergebnis mit YouTube. AGF-Geschäftsführerin Kerstin Niederauer-Kopf spricht erneut von einem „beachtlichen Meilenstein“. An diesem „international einzigartigem Projekt“ müsse man nun „beständig arbeiten“. Dass es sich bei den ersten Daten nicht um Tagesaktuelle handelt, liegt übrigens daran, dass die Daten einen langwierigen Auditierungsprozess hinter sich haben, da die AGF gewährleisten wollte, dass die Daten auch wirklich exakt vergleichbar mit den Fernsehwerten sind. Noch kann man mit den alten Zahlen jedenfalls wenig anfangen. Nicht nur die fehlende Aktualität ist dabei ein großes Problem, sondern auch die Art der Daten. Bislang kann man nämlich nur auf eine Sehdauer-Statistik zurückgreifen. Komplette Reichweiten fehlen dem Datensatz noch. So wird ja zum Beispiel im Bericht auch nur die Nutzung von Personen ab 18 Jahren beschrieben. Zu einer vollständigen Erfassung sind also noch einige Schritte notwendig, bis man die YouTube-Daten perfekt ins AGF-System integriert hat.

Auf regelmäßige Veröffentlichungen sollte man daher erstmal nicht hoffen. AGF und YouTube wollten sich daher noch nicht festlegen, wann mit regelmäßigen Veröffentlichungen zu rechnen sei. Noch einmal vier Jahre sollte das Ganze aber hoffentlich nicht auf sich warten lassen…
06.03.2019 15:46 Uhr  •  Niklas Spitz Kurz-URL: qmde.de/107720