Die Kritiker: «Friesland - Asche zu Asche»

«Friesland» hebt sich auch mit seiner neuen Folge von all den anderen Klamauk-Krimi-Reihen ab. Wie dem Format das gelingt, verrät unsere Kritik.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Sophie Dal als Süher Özlügül
Maxim Mehmet als Henk Cassens
Theresa Underberg als Insa Scherzinger
Holger Stockhaus als Wolfgang Habedank
Felix Vörtler als Kommissar Jan Brockhorst
Julia-Maria Köhler als Marion Mohn
Nicholas Reinke als Patrick Diekmann

Hinter der Kamera:
Produktion: Warner Bros. ITVP Deutschland GmbH
Drehbuch: Stefan Rogall
Regie: Sven Nagel
Kamera: Ralf M. Mendle
Man kennt sich in der friesischen Peripherie, und so spricht sich auch die Geschichte eines kuriosen Todesfalls schnell herum: Eines Nachmittags liegt die Konkurrentin des Bullenkumpels und Bestatters Habedank (Holger Stockhaus) tot zwischen den Särgen in ihrem Unternehmen. Sie ist die Treppe heruntergefallen – oder heruntergestoßen worden, wie die Polizisten Süher (Sophie Dal) und Henk (Maxim Mehmet) schnell geschlussfolgert haben.

Für Henk bahnt sich damit der erste Interessenkonflikt an: Denn seine kürzlich verstorbene Tante, zu der er wegen ihrer Kratzbürstigkeit in den letzten Jahren nur wenig Kontakt hatte, liegt bei der dahingemeuchelten Bestatterin in der Kühlung. Da muss sie aber nun raus, und weil sich Henk die überteuerten Preise seines Duz-Freundes Habedank weder leisten kann noch will, und Apotherkerfreundin Insa (Theresa Underberg) keck verlautbaren lässt, dass sie den Leichnam als Gegenleistung für seine Unterbringung sezieren möchte, bleibt Henk nichts anderes übrig, als mit dem Sarg im Kofferraum durch die Gegend zu kurven.

Das ist freilich nur eines von vielen kuriosen bis übertrieben abwegigen, aber trotzdessen gelungen komischen Elementen der neuen «Friesland»-Folge. Anders als die meisten deutschen Klamauk-Krimis hat sie verstanden, wie sich diese sonderbar-witzigen Elemente sinnig mit dem Plot verweben lassen, wodurch diese cleveren Einfälle auch erzählerisch verfangen und dramaturgisch funktionieren können.

Denn «Friesland» bleibt weiterhin nah an seinen Figuren, die das Drehbuch sehr individuell entwirft und die der Cast mit wohlüberlegten Manierismen liebevoll ausschmückt. Der Mordfall an sich ist erzählerisch gar nicht so wichtig und dient eher als Hintergrund, vor dem sich die Konflikte der Charaktere entladen. Und obwohl die sehr auf Likeability getrimmt erscheinen, kann man sie aufgrund ihrer Nahbarkeit doch sehr schnell ins Herz schließen.

Trotz Mord und Totschlag bleibt dieses «Friesland» ein idyllischer Ort, irgendwie heimelig und provinziell, aber nicht hinterwäldlerisch oder von gestern. Leise, aber beständig hat diese Reihe die Erzählung eines modernen, jungen Lebens in der Provinz etabliert, ohne sofort den Bogen in abgehängte Milieus und die gerne ins Feld geführte wirtschaftlich-gesellschaftliche Malaise abseits der Ballungsräume zu schlagen. So gelingt es dem Format, jenseits seiner humorigen Geschichten und knuffigen Figuren auch etwas von Wert zu erzählen, angenehm unterschwellig, und gelebt statt aufgesagt.

Das ZDF wollte «Friesland – Asche zu Asche» Ende Januar zeigen, damals fiel der Film wegen der Handball-WM sehr kurzfristig aus. Nun läuft er am Samstag, 9. März zur besten Sendezeit.
Sie lesen an dieser Stelle unsere schon im Januar geschriebene und erstveröffentlichte Kritik.
09.03.2019 07:45 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/106604