Die 10 größten Überraschungen des Jahres

Ein ereignisreiches Medienjahr liegt hinter uns, das einige unerwartete Entwicklungen brachte. Quotenmeter.de blickt auf 2018 zurück und nennt die größten Überraschungen des Jahres.

DAZN schnappt sich die Champions League


Der Aufstieg von DAZN in Deutschland verlief steil. Als der Streaming-Dienst im August 2016 in Deutschland an den Start ging, warb das als „Netflix des Sports“ angekündigte Angebot zunächst vor allem mit der englischen Premier League im Fußball. Um immer mehr Fußball-Ligen und weitere Sportrechte wie Basketball oder Football aus den USA ergänzte der Sport-Streamer der Perform-Gruppe im Laufe der Zeit sein Angebot. Doch die aus deutscher Sicht großen Kaliber blieben vorerst aus. Weder hielt DAZN Live-Rechte an der Bundesliga noch an der UEFA Champions League – bis 2018. Nach langer Ausschreibungsphase waren Ende Mai alle Fragen geklärt. Hinter Sky als Hauptlizenznehmer ergatterte DAZN 104 Spiele und ließ für drei Spielzeiten laut Branchen-Spekulationen knapp 600 Millionen Euro springen. Neben dem Glanz der Königsklasse verliehen auch die erworbenen Rechte an der UEFA Europa League DAZN noch mehr Gewicht in Deutschland. DAZN-Deutschland-Chef Thomas de Buhr liebäugelte zuletzt in einem Interview sogar schon mit der Bundesliga…

Netflix startet Deutschland-Offensive


2019 wird ein Schicksalsjahr für Netflix, das mit dem Pioniersvorteil unter den Streaming-Diensten in Deutschland bislang so gut dastand. Weil aber auch Disney und Warner Ende kommenden Jahres eigene On-Demand-Angebote starten wollen und deshalb haufenweise Lizenz-Ware von Netflix abziehen, muss Netflix zusehen, mit attraktiven Eigenproduktionen Kunden zum Verbleib zu bewegen und gleichzeitig Neukunden hinzuzugewinnen. In Deutschland lautet die Strategie für dieses Unterfangen: Produktionen made in Germany. Nach «Dark», dem gerade gestarteten «Dogs of Berlin» und der angekündigten Adaption von «Die Welle», werden fünf weitere deutsche Serien erwartet, deren Bestellung Netflix Ende Oktober bekannt gab. Diese finden sich in «Don’t try this at Home» von der bildundtonfabrik, in der Postapokalypse-Saga «Tribes of Europe», dem HipHop-Drama «Skylines», «The Barbarians» und einer Weihnachts-Miniserie. Damit erhöhte Netflix überraschend schnell die Schlagzahl von Eigenproduktionen in Deutschland.

Sky wandert zu Comcast


Ein mediales Tauziehen fand Ende September seinen Höhepunkt: monatelang überboten sich Comcast und das bald mit Disney verklüngelte 21st Century Fox sich gegenseitig im Wettbewerb um die Übernahme von Sky. 39 Milliarden Dollar zahlte der Pay-TV-Konzern, der damit auch etwa 23 Millionen Abonnenten gewann, die Sky weltweit beziehen. Damit verdoppelte Comcast, das in den USA 22 Millionen Kabel-TV-Kunden hat, mit einem Schlag seine Kundschaft. So schloss der US-Riese und zweitgrößte Kabelnetzbetreiber hinter AT&T zu seiner großen Konkurrenz auf und erweiterte sein Geschäftsfeld massiv. Das eigentlich bemerkenswerte am Deal: im schier unüberschaubaren Geflecht an Tochterunternehmen der verschiedenen Big Player des globalen Mediengeschäfts lassen sich die Auswirkungen dieser Übernahme noch gar nicht so richtig abschätzen. Wie verbindet Comcast Sky mit seiner Tochter Universal Pictures? Was bedeutet die Übernahme aus Kostensicht für Sky-Kunden? Wie lautet die Comcast-Strategie für Skys Sportsparte? Die Zukunft wird es zeigen.

Eurosport zeigt Olympia – und (fast) keinen interessiert’s


Insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro zahlt Discovery für die exklusiven Europa-Senderechte der olympischen Spiele von 2018 bis 2024. Zunächst galt der Deal als großer Coup, weil es schien als seien ARD und ZDF leer ausgegangen. Die diesjährigen Winterspiele aus Pyeongchang wurden dann jedoch quasi in letzter Sekunde an die beiden Öffentlich-Rechtlichen sublizenziert. Während ARD und ZDF mit Biathlon, Rodeln und Co. teilweise deutlich über sechs Millionen Zuschauer erreichten, sahen bei den Discovery-Sendern Eurosport und TLC in der Regel nicht mal eine Million Menschen zu. Als Totalflop erwies sich bei Eurosport und TLC zudem «zwanzig18 – Die Olympia-Show»: Mit im Schnitt nur 170.000 Zuschauern und 0,5 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum war mit dem Olympia-Magazin kein Blumentopf zu gewinnen.

Die Kleinen mucken auf


Gibt’s bald keine Großen mehr? Jedenfalls werden die Sender der dritten Reihe immer beliebter und die Sparte läuft zunehmend stärker. Einer der größten Gewinner der vergangenen und dieser TV-Saison ist ZDFneo. Hier punktete vor allem ein Genre: Krimi. Nicht selten überholt ZDFneo mit seinen Krimi-Wiederaufgüssen größere Sender wie ProSieben, RTL II und kabel eins. Schon zum Ende vergangener Saison im Mai durften sich zudem auch kabel eins Doku (0,7 Prozent in der Zielgruppe), RTLplus (1,3 Prozent bei Allen) sowie Sat.1 Gold (1,8 Prozent bei Allen) über Bestwerte freuen. Mehrere Rekorde verzeichnete dieses Jahr beispielsweise auch ProSieben Maxx, das erst im November mit durchschnittlich 1,9 Prozent in der Zielgruppe wieder kletterte. Bis dahin hatte auch kabel eins Doku weiter auf 0,9 Prozent zugelegt. Schwestersender sixx verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr ebenfalls um 0,3 Prozent auf mittlere 1,4 Prozent bei Jüngeren und abseits der ProSiebenSat.1-Senderfamilie holte im November beispielsweise auch der Disney Channel einen neuen Rekord, während Super RTL sich auf tolle 2,1 Prozent in der jungen Altersklasse verbesserte. Auch für andere Spartensender wie das sehr konstante Nitro gibt es, wenn überhaupt, derzeit nur eine Richtung: nach oben.

Lesen Sie auf der nächsten Seite weitere fünf große Überraschungen des Jahrs 2018.

Stühlerücken in den Chefetagen


Dem Durchschnittsfernsehzuschauer wird es kaum aufgefallen sein, für die Branche war das Jahr 2018 personell aber ein bemerkenswertes. In den Chefetagen von RTL und ProSiebenSat.1 herrschte durch Abgänge ungewöhnlich viel Trubel. Am schwersten wog wohl der Abschied von Anke Schäferkordt von der Mediengruppe RTL. 27 Jahre lang hielt sie den Kölnern die Treue, 13 Jahre lang fungierte sie zuletzt als CEO. Davor hatte sie als Leiterin des damals noch jungen Senders VOX zwischen 1995 und 2005 den Kanal zu einem der heute profitabelsten Marken gemacht. Auf Schäferkordt folgt ab 2019 ebenfalls ein VOX-Chef, nämlich Bernd Reichart. Weniger überraschte der Abgang von Thomas Ebeling bei ProSiebenSat.1, der Ende Februar 2018 vollzogen wurde. Mit dem ehemaligen Dyson-Chef Max Conze erhielt ProSiebenSat.1 einige Zeit später einen neuen CEO, der gleich mal auf den Tisch haute, wie in der nächsten Überraschung des Jahres nachzulesen ist. Nicht unerwähnt bleiben darf auch der Exitus von Rüdiger Boss bei ProSiebenSat.1. 25 Jahre lang war er als Chefeinkäufer für die Sendergruppe tätig und holte Hits wie «The Big Bang Theory», «Criminal Minds» oder «Grey’s Anatomy» nach Deutschland.

ProSieben sucht den deutschen Streaming-Champion


Immer weniger Personen schauen linear Fernsehen. Immer älter wird das Publikum, während die etablierten Sender die jungen Zuschauer an die Streaming-Konkurrenz verlieren. Kampflos wollen die Sender Netflix und Co. nicht das Feld überlassen. Nachdem das öffentlich-rechtliche Projekt funk im Jahr 2018 kaum noch Schlagzeilen machte, fassten sich ProSiebenSat.1 und Discovery ein Herz. Im Juni wurde bekannt, dass beide Unternehmen zusammen ein deutsches Streaming-Angebot aufbauen wollen. Auch weiteren potenziellen Partnern aus der deutschen TV-Branche stünde der Beitritt offen, ließ ProSiebenSat.1-Chef Max Conze verlauten, der damit einen „deutschen Champion“ schaffen will. Bis Winter hörte man nicht mehr viel von der geplanten Plattform, die bestenfalls Live-Streaming, eine umfangreiche Mediathek mit deutschen Inhalten und "dem Besten aus Hollywood" sowie Sportübertragungen bieten soll. Dann wurde bekannt, dass die Internet-Plattform Mitte 2019 an den Start gehen soll. Ein wichtiger Partner wäre RTL, das mit „TV Now“ einen eigenen On-Demand-Service betreibt. Lassen sich die Kölner unter dem neuen Chef Bernd Reichart noch umstimmen?

Daytime-Tristesse über das Jahr hinweg


Schon in der TV-Saison 2017/2018 galten Daytime-Formate gleich bei mehreren Sendern als große Baustelle. Tests wie «Der schnelle Euro» oder «Zimmerhelden – Gewinner in vier Wänden» wurden von Sat.1 jedoch zügig zu den Akten gelegt, auch «Inspektion 5» hielt nicht mal einen Monat durch. «Schicksale» macht Sat.1 ab 17.30 Uhr immer noch Ärger, doch die wahren Sorgenkinder finden sich mittlerweile am Vorabend. Sat.1 glaubte, mit «Genial daneben - Das Quiz» die Lösung für seinen eigentlich nie wirklich auf Vordermann gebrachten, sondern auch mit der «Ruhrpottwache» eher irgendwie überlebten 19-Uhr-Slot ausfindig gemacht zu haben, lag damit aber falsch. Der wiederholte Versuch, mit «Endlich Feierabend!» ein Vorabend-Magazin zu etablieren, wartet immer noch auf die Wende und kam seit dem Start Ende Juli nur in Ausnahmefällen über den Senderschnitt. Alles wurde noch schlimmer, als ab Ende Oktober «Alles oder nichts» hinzustieß, an dem Sat.1 mutig festhält. Auch RTL betrübt die Daytime schon das ganze Jahr, hier finden sich die Problem-Sendeplätze um 14 und 17 Uhr. «Die Superhändler» schwanken zwar stark, generieren aber mittlerweile zumindest häufig passable Zahlen und konnten so den lahmenden «Blaulicht Report» ein Stück weit vergessen machen. Als Flop stellte sich dafür «Freundinnen» heraus, das sich von den Katastrophen-Zahlen zum Start zwar wegbewegte aber noch immer im einstelligen Bereich herumdümpelt.

WM überrascht positiv – und negativ


Die Fußball-WM 2018 brachte mit dem frühen Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft nicht nur sportliche Überraschungen. Auch inhaltlich boten sich Zuschauern einige unvorhergesehene Entwicklungen, die vor allem durch Neuerungen entstanden. Angenehm erschien der Verzicht der Öffentlich-Rechtlichen auf die Einbindung unnötiger Social-Media-Ergüsse, die die Privat- und Bezahlsender in Fußball-Sendungen immer inflationärer verwenden. Personell überraschten der noch aktive Bundesliga-Profi Christoph Kramer als Experte und Wolff Fuss in seinen ersten WM-Einsätzen für Sky durch ihre je ganz eigene Art von Authentizität. Und die Negativ-Überraschungen? Zum Beispiel die unsinnigen und unsachlichen Social-Media-Hetzjagden gegen ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann, die weichgespülten Beiträge aus Gastgeberland Russland, die jegliche Hintergründe und berechtigte Kritik an der derzeitigen politischen Situation vermissen ließen oder die Auftritte von Ex-DFB-Kapitän Philipp Lahm im Ersten, der von der Formulierung einer Eigenmeinung weitestgehend absah, nur um wenig später auf einer Internet-Plattform zur Kritik gegen Joachim Löw auszuholen.

Facebook missbraucht Daten


Viele haben davor gewarnt, im frühen Jahr 2018 kam es dann ans Licht: Das dubiose Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica (CA) war über Facebook unerlaubterweise an die persönlichen Daten von bis zu 87 Millionen Menschen gelangt. Der Fall galt Kritikern als Beleg, dass das Unternehmen die Daten seiner Nutzer nicht schützen kann. An das soziale Netzwerk können Dritte ihre Apps andocken und so Facebook-Nutzer erreichen. Von 2010 bis 2015 erlaubte das Unternehmen den Entwicklern dieser Apps, auch die persönlichen Daten von Nutzern zu erfassen, die diese Apps gar nicht selbst nutzen. Waren sie auch nur mit Nutzern der Apps befreundet, konnten ihre Daten ausgelesen werden. Ein Entwickler machte sich dies zunutze, schuf einen Persönlichkeitstest, an dem 270.000 Menschen teilnahmen, erfasste auch die Daten ihrer Freunde und schenkte Cambridge Analytica ein hübsches Datenpaket. Mark Zuckerberg musste sich in einer Anhörung vor dem US-Kongress verantworten. Doch mittlerweile scheint der Schaden für Facebook nicht mehr allzu groß. Schon zur Zeit des Skandals zeigten sich viele Nutzer wenig überrascht darüber, was hinter den Kulissen des Sozialen Netzwerks an Daten gesammelt und weitergereicht wird.
28.12.2018 09:35 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/106161