Wie funktioniert ein Green Screen?

Über die Entstehung virtueller Welten; von der Blue Box hin zum Green Screen.

Carsten: Wie funktioniert ein Green Screen und wäre es eigentlich auch möglich, solche Aufnahmen vor einer roten Wand zu machen?

Zu Ihrer zweiten Frage: Noch bis vor wenigen Monaten hätte man diese wohl mit einem ziemlich kategorischen „Nein“ beantworten müssen. Inzwischen aber gibt es neue Trends und Entwicklungen. Zu den kommen wir mal später. Gängig sind bis dato eigentlich zwei Modelle: Die „Blue Box“ und der „Green Screen“. Ganz zu Beginn, und da sprechen wir sogar schon über die Filmproduktion noch in den 30er Jahren, war die „Blue Box“ eigentlich das gängige Modell, um Hintergründe nachträglich auszutauschen. Der 1933 produzierte Film «King Kong» gilt als erstes Werk, in dem die Macher diese damals bahnbrechende Technik einsetzten. Hier war es quasi noch eine frühe Form der Technologie, sieben Jahre später wurde dann die „Blue Box“ erstmals annähernd so genutzt, wie man es auch heute kennt – bei «Der Dieb von Bagdad», der dafür auch prompt einen Oscar erhielt.

Auch im Fernsehen fand die Technik immer mehr Einzug, angefangen von «Drei mal Neun» über die Spielshow «Hugo» bis hin zu den virtuellen Nachrichtenstudios. Immer mehr wurde zuletzt aber auf die ähnliche Technik des „Green Screens“ gesetzt. Bis heute gibt es keine ganz eindeutige Antwort, ob der blaue oder grüne Hintergrund letztlich die besseren Ergebnisse liefert. In der Tat spricht aber Vieles für grün – und da geht es nicht nur um das Praktische. Grün hat sich durchaus als Alltagstauglicher erwiesen. Warum? Im Zuge der Nachbearbeitung des Bildes, die teils ja live passiert, überdeckt der Computer quasi alle Elemente einer bestimmten Farbe – etwa „blau“ oder „grün“. Würde ein Nachrichtensprecher in einer „Blue Box“ ein blaues Hemd tragen, würde dessen Oberkörper mit dem Hintergrund verschmelzen.

Blaue Hemden also wären/sind verboten. Vorteil: Grün kommt in unserem Alltag viel seltener vor; kaum jemand trägt grüne Hemden und auch der Verzicht auf grüne Krawatten ist sicherlich verschmerzbar. Auch technisch bietet die Farbe Grün vorteile. Dazu muss man wissen, dass bei modernen Kameras jeder Pixel sich zusammensetzt aus einem roten, einem blauen sowie zwei grünen Pixeln. Für Videoaufnahmen eignet sich grün also besser als blau, da doppelt so viele Bildinfos vorhanden sind. Grün wird in diesen Sensoren übrigens deshalb vorgezogen, da das menschliche Auge durch diese Farbe den größten Beitrag zur Helligkeits- oder Kontrastwahrnehmung erhält – nämlich 72 Prozent. Rot leistet nur 21 Prozent, blau gar nur sieben Prozent.

Solche Green Screens sind also ganz ausgeklügelte Systeme, die aber sorgsam genutzt werden müssen, um ein optimales Ergebnis zu erhalten. Ein Problem sind immer Schatten, die die sich im Raum bewegenden Menschen werfen. Ziel der Beleuchter muss daher sein, dass so gut wie keine Schattenwerfung auftritt – zugleich aber die Protagonisten nicht zu stark angeleuchtet werden.

Nun zum Beginn der Frage: All diese Spielereien könnten bald schon der Vergangenheit angehören. Möglicherweise kommt von Google der nächste ganz große Wurf, der kürzlich zumindest im kleinen schon mal ausgetestet wurde. Der Internet-Riese hat eine App präsentiert, mit Hilfe derer normale User in ihren Videos den Hintergrund in Echtzeit austauschen können. Ein Green Screen wird dazu nicht benötigt, da die hinter dem Programm steckende Künstliche Intelligenz automatisch erkennt, was Hintergrund ist und was nicht. Bis zuletzt stand diese bahnbrechende Funktion bei YouTube aber nur ausgewählten Beta-Testern zur Verfügung. Die Ergebnisse sollen erstaunlich gewesen sein. Konkurrenz Facebook – und dort Instagram – hatte zuletzt schon immer wieder mit virtuellen Gimmicks für Fotos und Animationen experimentiert, und dabei vor allem die ganz junge Zielgruppe glücklich gemacht.
17.12.2018 12:00 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/105920