Quoten durch Blut und Knockouts?

Die UFC – Ultimate Fighting Championship – ist die weltweit größte Mixed Martial Arts Organisation. In der relativ jungen Sportart MMA stehen sich Kampfsportler im Octagon, einem achteckigen Käfig gegenüber. Die Sportart, als auch die UFC selbst sind heftig umstritten und sind oftmals das Ziel von prominenter Kritik, wie etwa durch die Schauspielerin Meryl Streep. Wie auch immer man zu dem Sport stehen mag, er ist erfolgreich. Mit der kommenden Veranstaltung UFC 229, dem bis dato größten PPV-Event der Organisation, wirft Quotenmeter einen gründlichen Blick auf die UFC, den Sport dahinter und den TV-Bezug.

Zwei Männer stehen in der Mitte des Käfigs, der Boden ist mit Blut verschmiert. Die beiden Kämpfer haben blutige Gesichter und atmen schwer. Es ist der 11. Juli 2015 und der US-Amerikaner Robbie Lawler verteidigt seinen Weltergewichts-Gürtel gegen den kanadischen Rory MacDonald. Kurz vor Ende der vierten Runde spuckt Lawler eine regelrechte Pfütze Blut auf den Boden und der Gong, der das Ende der Runde markiert, ertönt. Beide Sportler sehen sich mit bösen Blicken an, bis ihre Teams sie in ihre Ecke bringen. Ein Bild, dass vielen Fans des Mixed Martial Arts in Erinnerung geblieben ist.

Letztendlich gewann Lawler durch einen technischen Knockout in der fünften und letzten Runde. Beide Kämpfer erlitten mehrere Verletzungen und insbesondere MacDonald hatte mit einer mehrfach gebrochenen Nase zu kämpfen. Später wählten die Fans der Sportart diesen Kampf als den bis dato besten UFC-Kampf.

Laut eigener Aussage der Organisation hat UFC 189, das Event auf dem die Beiden gegeneinander antraten, über eine Million Pay-Per-View-Käufe generiert. Zahlen, die mittlerweile keine Seltenheit mehr für die 1993 gegründete Firma UFC sind. Als das mit Abstand erfolgreichste Event gilt UFC 202, bei dem der große Rückkampf zwischen dem irischen Superstar Conor McGregor und Nate Diaz das Zugpferd war. 1,6 Millionen Menschen kauften das kostenpflichtige Programm und dabei sind Liveübertragungen, Einnahmen durch Merchandise, illegale Streams, etc. nicht einmal mit einberechnet. Doch trotz des Erfolgs ist der Sport nach wie umstritten und wird von vielen Seiten als ein rotes Tuch betrachtet.

Selbst in den Vereinigten Staaten, in denen der Sport durch die UFC am Populärsten wurde, gibt es Staaten, die den Sport nicht legalisiert haben. Kein geringerer als der Bundesstaat New York selbst hat der Sportart bis Anfang 2016 eine Legalisierung verwehrt. Im April desselben Jahres wurde der Sport jedoch durch die Unterschrift des Gouverneurs Andrew Cuomo legalisiert. Prompt wurde UFC 205 im Madison Square Garden angekündigt mit einer Fight Card, die jeden Kampfsportinteressenten zum Einschalten bewegte. Das Ergebnis waren 1,3 Millionen Pay-Per-View-Käufe. Aufgebaut sind die PPV-Events in die Vorkämpfe, die Main Card, auf der sich die namhafteren Kämpfer befinden und die beiden größten Punkte, das Co-Main Event und Main Event.

Doch obwohl der Sport mittlerweile seinen Weg in den Mainstream gefunden hat sind die Kritiker nicht verschwunden – Im Gegenteil. Prominente wie die dreifache Oscar-Preisträgerin Meryl Streep haben die Sportart mehrfach verurteilt. Obwohl sie der Sport Mixed Martial Arts, die gemischten Künste, nennt, spricht Streep ihm jedwede Kunst ab. Mit einem Blick auf die frühen Zeiten des Sports wird einem klar, weshalb der Ruf der Sportart so umstritten ist.

Die UFC und der Sport MMA werden oft als ein und dasselbe gesehen, sind es jedoch nicht. Die UFC ist lediglich die größte Organisation, die den Sport Mixed Martial Arts vermarktet. Das erste UFC-Event fand am 12. November 1993 statt, wurde als „menschlicher Hahnenkampf“ beworben und hatte ein – wenn man es so nennen konnte – rudimentäres Regelwerk. Beißen und in die Augen fassen war zwar verboten, doch dafür gab es keine Gewichtklassen, keine Punkterichter, geschweige denn Handschuhe. Selbst Tiefschläge waren legal, wenn auch verpönt und die einzigen Wege den Sieg zu erlangen war der Knockout, die Submission (Würgegriff) oder eben das Handtuch werfen des eigenen Teams. Ziel der Veranstaltung war es verschiedene Kampfsportarten gegeneinander antreten zu lassen, mit dem Sinn die stärksten von allen zu finden. Kickboxen, Boxen, Sumo ringen, klassisches Ringen, jeder Stil war vertreten.

Wenn man sich Aufnahmen des ersten Events ansieht gewinnt man jedoch schnell den Eindruck, dass es sich um eine gewaltverherrlichende Veranstaltung handelt, die durch den Käfig eine gewisse menschenverachtende Note bekommt. Umso interessanter ist der Sieger des allerersten UFC-Events: Royce Gracie. Der Brasilianer, der im Finale dem niederländischen Gerard Gordeau gegenüberstand, gewann nicht etwa durch einen wilden Knockout, sondern durch Brazilian Jiu-Jitsu. Dabei handelt es sich um eine Kampfsportart, die den Gegner durch unzählige Würgegriffe, Arm- und Beinhebel zum Abklopfen bringen kann, ohne ihn auch nur einmal getroffen zu haben. Durch Gracies Technik und seine Kämpfe in der UFC änderte sich der Sport schnell und Brazilian Jiu-Jitsu musste fortan zu dem Repertoire eines jeden MMA-Kämpfer zählen. Trotz der unnötigen Brutalität des ersten UFC-Events wurde der Sport insbesondere durch Gracies technisches Kämpfen komplexer und bekam weitere Facetten, sodass sich der Sport von einem unmenschlichen Käfigkampf distanzieren konnte. Für das Ocatgon, in dem sich die Sportler gegenüberstehen, wurden eigene Techniken entwickelt, wie man die Wände zu seinen Gunsten einsetzt, inklusive spezieller Griffe und Würfe. Mittlerweile besteht Mixed Martial Arts also nicht mehr aus dem simplen Aufeinandertreffen zweier unterschiedlicher Stile, sondern ist ein autarker Sport geworden, in dem jeder Athlet sich auf dem Boden, als auch im Stand behaupten muss.

Zudem sind zahlreiche Statistiken aufgestellt worden, die dem Sport MMA ein geringeres Verletzungsrisiko als dem Boxen attestieren. Da die Schläge im Boxen primär den Kopf treffen ist das Risiko einer Parkinson-Erkrankung im Boxsport deutlich akuter wie im Mixed Martial Arts.

Auch die Vermarktung der Kämpfe wurde nicht mehr auf plumpe und brutale Schlägereien reduziert, ein festes Regelwerk wurde etabliert, inklusive spezieller Handschuhe und Punktrichtern. Die zunehmende Professionalität half der UFC dabei die PPV-Zahlen nach anfänglichen Schwierigkeiten massiv nach oben zu bringen. Insbesondere der Kauf der UFC durch die Promotionsfirma Zuffa in 2001 rettete die MMA-Organisation aus einer dunklen Zeit, in der die PPV-Events bei Weitem nicht den gewünschten Erfolg erzielten. Mittlerweile kann die UFC auf 15 Fight Cards zurückblicken, die sich über eine Million Mal verkauft haben und die erfolgreiche Reality-TV-Show «The Ultimate Fighter», die über 27 Staffeln zählt. Dazu kommen absolute Megastars wie Ronda Rousey, Conor McGregor und Brock Lesnar, deren alleiniger Name für eine Medienpräsent sondergleichen sorgt.

Conor McGregor: UFCs größtes PR-Zugpferd


Als größter PR-Erfolg der UFC in den letzten Jahren gilt zweifellos Conor McGregor. Der polarisierende und provokante Ire lässt sich alleine in den Top 5 der umsatzstärksten Fight Cards gleich drei Mal wiederfinden. Vor ihm galt Ronda Rousey als das mitunter stärkste Zugpferd der UFC. Im Kampfsport ist es eher unüblich, dass Frauen im medialen und finanziellen Mittelpunkt stehen. Die PPV-Zahlen von weiblichen Boxerinnen beispielsweise können sich nicht mit denen messen, die durch Rouseys Kämpfe zustande gekommen sind. Rousey, ihres Zeichens ehemalige olympische Judoka, verhalf der UFC gleich zweimal zu Events mit über einer Million PPV-Käufen und ebnete den Weg für Frauen im MMA-Sport.

Obwohl die UFC die international größte MMA-Organisation ist gibt es auch für sie Konkurrenz. Die Bellator Promotion beispielsweise hat sich als ernster Mitbewerber zur UFC etabliert und gilt als die Nummer 2 der MMA-Organisationen. Die Kämpfer der UFC kritisieren ihren Arbeitgeber oftmals dafür, dass sie dieser miserabel bezahlt, trotz der hohen Verletzungsgefahr und Trainingskosten. Bellator hat durch attraktivere Angebote schon mehrere große Namen der UFC abgeworben und auf dem asiatischen Markt hat sich ONE Championship bereits einen Namen gemacht.

Ein weiterer Kritikpunkt gegenüber dem größten MMA-Veranstalter ist die Objektivität gegenüber den eigenen Kämpfern. Für die UFC ist es keine Seltenheit, dass sie ihre großen Zugpferde und populärsten Stars bevorzugt behandeln und auch vor juristischen Problemen schützen. Präsident der UFC, Dana White, geriet bereits oft in die Kritik seinen größten Stars gesondert zu promoten und ihnen Möglichkeiten zu Titelkämpfen und Rückkämpfe zu geben, die ihnen nach den Rankings nicht zustehen würden.

Abseits der Skandale um die Vermarktung der Kämpfer gibt es ein übergreifendes Problem, das dem Sport eine noch größere Popularität verwehrt. In einzelnen Bundesstaaten der Vereinigten Staaten wie Conneticut und Colorado ist Mixed Martial Arts nach wie vor ein rotes Tuch und sogar illegal. Frankreich entschied sich im Oktober 2016 sogar zu einem Verbot der kompletten Sportart. Auch in Deutschland kann sich der Sport einer kritischen Betrachtung nicht entziehen. Während der eigentliche Sport zwar legal ist, sind Übertragungen im deutschen Fernsehen nicht zu finden, im Gegensatz zum Boxen und Kickboxen. Zwar übertrug Sport1, damals noch DSF, 2009 einige MMA-Events, doch die Übertragungen wurden schnell eingestellt. Mittlerweile sieht man höchstens Highlight vorheriger UFC-Kämpfe spät nachts auf ProSieben Maxx, ansonsten ist der Sport aus dem deutschen Fernsehen verbannt.

Lediglich über das Portal ranFIGHTING konnte man auf die Streams der MMA-Kämpfe zugreifen. Für das anstehende Event UFC 229 sind die Streaming-Rechte erstmals zu DAZN gegangen. Der Abend ist der Auftakt einer dreijährigen Zusammenarbeit. ranFIGHTING geriet bei vorherigen Übertragungen in die Kritik, nicht die geforderte Qualität zu liefern. Ob DAZN sich als Anbieter besser schlagen wird, bleibt abzuwarten.

Doch wie viele deutsche MMA-Interessierte letztendlich auf den Stream der englischen Plattform zurückgreifen werden, lässt sich kaum sagen. Dass aber ein großes Interesse an dem Sport besteht, wird durch den internationalen Erfolg von Organisationen wie der UFC und Bellator deutlich. Mixed Martial Arts hat sich seit seinen ersten Gehversuchen massiv weiterentwickelt und gilt in den Vereinigten Staaten als der am schnellsten wachsende Sport. Ihn weiterhin als einen blutigen Käfigkampf zu stigmatisieren würde der jungen Sportart nicht gerecht werden, dafür ist sie zu taktisch und professionell geworden.

Wann sich MMA im deutschen Fernsehmarkt etablieren wird ist unklar. Mit der steigenden Popularität und der finanziellen Zugkraft der Fangemeinschaft dahinter ist es aber realistisch, dass man den Vollkontaktsport früher als später im deutschen Fernsehen verfolgen können wird.
05.10.2018 10:10 Uhr  •  Martin Seng Kurz-URL: qmde.de/104233