Die Kritiker: «Professor T. - Maskenmord»

Ab Freitagabend zeigt das ZDF vier neue Folgen seines Sherlock-Holmes-Verschnitts «Professor T.». Wichtigste Lektion: Eine seltsame Hauptfigur macht noch keine gute Serie.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Matthias Matschke als Professor Jasper Thalheim
Lucie Heinze als Anneliese Deckert
Helgi Schmid als Daniel Winter
Paul Faßnacht als Paul Rabe
Julia Bremermann als Christina Fehrmann
Thomas Goritzki als Walter Ambrosius
Alexandra von Schwerin als Ingrid Schneider

Hinter der Kamera:
Produktion: Rowboat Film- und Fernsehproduktion
Drehbuch: Christoph Mathieu, Thomas Jahn und Sebastian Heeg
Regie und Kamera: Thomas Jahn
Produzent: Sam Davis
Der Oberstaatsanwalt Krämer und seine Ehefrau sind rituell hingerichtet worden. Auf den Gesichtern der Leichen hatte der Täter Krampusmasken drapiert und in ihre Handflächen ein blutiges Kreuz hineingeritzt.

Der Fall weckt bei Christina Fehrmann (Julia Bremermann) schaurige Erinnerungen an ein Tötungsdelikt vor fünfzehn Jahren: Damals war in Köln ein Ehepaar auf dieselbe Weise umgebracht worden. Das Brisante daran: Von den in die Handflächen geritzten Kreuzen weiß bis heute neben den damals ermittelnden Polizei- und Justizbehörden nur der damalige Täter Georg Swoboda (Jophi Ries), den Fehrmann damals hinter Gittern gebracht hatte. Nun steht freilich die These im Raum, dass es sich bei Swobodas Verurteilung um einen katastrophalen Justizirrtum handeln könnte.

Für eine endgültige Aufklärung soll nun Professor T. (Matthias Matschke) sorgen, dieses psychoanalytische Genie, das – wie viele andere Genies in vielen anderen Serien auch – der Polizei bei der Tätersuche mit seiner Expertise zur Hand geht. Oft ist das nur mäßig komisch, weil Genies in der etwas beschränkten allgemeinen Denkweise immer schrullig-eigenbrötlerisch sein müssen, mit allerhand sonderbaren Angewohnheiten und abnormalen Lebensweisen.

Doch während Tom Becks mit ähnlicher dramaturgischer Zielsetzung komponierte Figur drüben bei Sat.1 neben seiner Genialität auch eine gewisse selbstbewusste Erotik und Exzentrizität auszustrahlen hat, fällt Professor T. eher als stummer, nach außen hin zurückhaltender Mann auf, der Berührungen anderer Menschen vermeidet und die allgemeine Konversation auf ein strenges Minimum reduziert. Um diese Figur auch ohne die für ein solches Format unübliche tiefenpsychologische Betrachtung emotional halbwegs erlebbar zu machen, werden dem Zuschauer hilfsweise Professor T.s Phantasien vorgeführt, in denen er mit seiner verstorbenen Partnerin zusammen ist.

Doch leider ist schon die Titelfigur dieses Professors T. nicht so interessant, wie es Figuren seines Kalibers sein können. Bestes Beispiel: Sherlock Holmes, dessen Schrullen und Eigenheiten sich zu einer hochfunktionalen Soziopathie aufsummieren, und der neben einem beeindruckenden Intellekt auch klare, mit großer dramaturgischer Klugheit durchdachte Schwächen hat, die allesamt auf mehreren Ebenen durchbrechen, und bei dem eine psychische Disposition die andere bedingt, wodurch ein plastischer, von der ersten Sekunde an einnehmender Charakter entsteht. Das zeigt, was mit dieser Grundkonstellation allein erzählerisch möglich ist.

«Professor T.» genügt sich dagegen damit, eine etwas unnahbare Figur vorzustellen, nur um dieses Unnahbare sofort zu relativieren, indem ihre innere Verletzlichkeit betont wird. Alles muss von der ersten Minute an klar sein, dieses Format lässt keinerlei Ambivalenz und damit auch keine Vielschichtigkeit, keine psychologische Mehrdeutigkeit zu, und verspielt damit sämtliches erzählerische Potential, das sie eigentlich hätte. Konstruktive Mehrdeutigkeiten erlaubt sich diese Serie nur im Hinblick auf ihren Plot, um den dramaturgischen Mitknobel-Kern zu bedienen. Dabei wäre eine plastischere Hauptfigur das so viel wichtigere Element.

Das ZDF zeigt vier neue Folgen von «Professor T.» freitags ab dem 4. Mai um 20.15 Uhr.
03.05.2018 11:19 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/100699