Die zehn größten Serien-Twists des 21. Jahrhunderts

Schockierende Wendungen, spektakuläre Enthüllungen, unvorhergesehene Entwicklungen. Wir blicken auf zehn Serien des neuen Jahrtausends, die sich mit Twists erfolgreich neu erfunden haben.

Der Plot-Twist ist für einige Autoren eines der wichtigsten Stilmittel, um Aufmerksamkeit für ihre Produktionen zu erzeugen, ihr Skript zu veredeln oder mittelmäßige Stoffe zumindest mit einem Knall enden zu lassen. Für Zuschauer fungiert die unerwartete Wendung in einer Geschichte häufig schlicht als Merkmal guter Unterhaltung. Die Leidenschaft für die 180-Grad-Drehungen in einer Geschichte geht so weit, dass im Internet unzählige Listen der besten Twists in Filmen kursieren, Regisseure wie M. Night Shyamalan haben den Plot-Twist sogar zu ihrem Markenzeichen gemacht.

Kurzum: Es ist ein Werkzeug, das aus der Unterhaltungsindustrie nicht mehr wegzudenken ist und das außerdem mit dem Aufstieg des Serien-Formats in der jüngeren Vergangenheit immer öfter Einzug in Serien hielt. Mittlerweile blickt die Serienwelt auf so einige Wendungen zurück, die Zuschauer im Mark erschütterten oder komplette Handlungen auf den Kopf stellten. Wir blicken auf die zehn besten Plot-Twists des neuen Jahrtausends zurück. Vorsicht, Spoiler!

10. «Alias - Die Agentin»


Fünf Staffeln lang lief «Alias – Die Agentin» in den USA bei ABC, hierzulande sendete ProSieben das 105 Episoden umfassende Format von J. J. Abrams. Die ersten zwei Staffeln der Serie reihten Wendung an Wendung. Schon im Pilot erwartete Zuschauer eine Enthüllung, die sich gewaschen hatte. Die Titelfigur, mutmaßlich eine Studentin, die ein Doppelleben als CIA-Agentin führt, arbeitet gar nicht für den Geheimdienst, sondern eine Terrorzelle. Erst als ihr Verlobter ermordet wird, bietet sie dem CIA eine Zusammenarbeit an.
Den Höhepunkt servierte die US-Serie allerdings in den finalen Minuten der zweiten Staffel. Hauptfigur Sydney Bristow, gespielt von Jennifer Garner, hatte gerade eine brutale Attacke eines Doppelagenten in ihrer Wohnung in Los Angeles überlebt und wacht daraufhin in Hong Kong auf – ohne Erinnerungen, wie sie dorthin kam. Ihr Geliebter Vaughn taucht auf, begrüßt sie – und eröffnet ihr, dass sie seit zwei Jahren vermisst und für tot gehalten wurde. Ein Blick auf seine Hand verrät: Vaughn hat in der Zwischenzeit geheiratet. Und schon lief einen Moment später der Abspann. Millionen von Zuschauern griffen reflexartig zu den Taschentüchern.

9. «South Park»


Auch eine Animationsserie findet ihren Platz in der Liste der besten Plot-Twists des 21. Jahrhunderts. Dass es «South Park» sein würde, verwundert Beobachter angesichts des häufig grenzüberschreitenden Humors des Formats wohl nicht wirklich. Doch in der fünften Staffel wird die Serie von Trey Parker und Matt Stone selbst vielen eingefleischten Fans zu weit gegangen sein – andere werden die Episode „Scott Tenorman Must Die“ jedoch womöglich umso mehr genossen haben. Das hängt ganz von der individuellen Schmerzgrenze ab.

Die Folge aus dem Jahr 2001 erhält den vielleicht grausamsten Racheplan in einer Serie. Darin macht High-School-Schüler Scott Tenorman Eric Cartman, die diabolischste Figur der Serie, zum wiederholten Male lächerlich. Eigentlich ein klassisches Szenario: Ein Rüpel sucht sich einen Jungen ein paar Stufen unter ihm, um ihn gehörig zu hänseln. Doch Tenorman suchte sich den falschen Viertklässler zum Mobben aus. In der finalen Szene der Episode, die auf einem „Chili con carne“-Kochwettbewerb spielt, scheint es, als sei Cartman nach einigen fehlgeschlagenen Racheaktionen erneut gescheitert. Dann wurde der teuflische Plan erst enthüllt: Cartman kochte die kurz zuvor ermordeten Eltern Tenormans in sein Chili ein – und ließ es den Rüpel essen. Brüllend komisch oder absolut geschmacklos? Jedenfalls hatte «South Park» in der Folge sein größtes Extrem erreicht.

8. «24»


Wahre Fans von «24» können mindestens auch 24 Plot-Twists aufzählen, so wendungsreich war der Genremix aus Action, Politthriller und Drama, der Anfang des neuen Jahrtausends einen Hype auslöste, bis 2010 lief und in den vergangenen Jahren auch Spin-Offs hervorbrachte. Die wohl schockierendste und wirkungsvollste Wendung, die vermeintlich so einige Zuschauer endgültig an die FOX-Serie fesselte, geschah jedoch zum Finale der ersten Staffel.

Die ganze erste Season über rätselten Protagonisten und Zuschauer darüber, wer in der Regierung ein Maulwurf der Terroristen sein könnte, der die Übeltäter Jack Bauer und Co. stets einen Schritt voraus sein ließ. Alles deutete auf Datenanalystin Jamie hin, doch die Wahrheit war viel schockierender. Nina Myers, ehemalige Geliebte Bauers und seine gleichzeitig moralisch so besonnene engste Vertraute entpuppte sich als Verräterin. Ein Schock, wobei diese Enthüllung bei genauerer Betrachtung nicht wirklich viel Sinn ergab. Viel schlimmer: Die insgeheim für die Serben arbeitende Myers tötete schließlich auch noch Jack Bauers Frau Teri. Der Verlust sollte Kiefer Sutherlands ikonische Serienfigur über die kommenden acht Staffeln prägen.

7. «Homeland»


Ist er es oder ist er es nicht? Die erste Staffel von «Homeland», die von vielen Beobachtern im Jahr 2011 als nicht weniger als die beste Serie aller Zeiten bezeichnet wurde, spielte lange Zeit mit ihren Zuschauern und schuf die Grundlage für die ersten drei packenden Seasons des Formats. Die CIA-Analystin Carrie Mathison erhält im Irak Informationen, dass es Terroristen gelungen sei, einen gefangenen US-amerikanischen Soldaten „umzudrehen“, also auf ihre Seite zu ziehen. Kurze Zeit später kehrt der vermisste US-Marine Nicholas Brody aus der Gefangenschaft von Terroristen zurück. In den USA wird er als Nationalheld gefeiert, doch Mathison glaubt, er könnte der Überläufer sein.

«Homeland» gelang es grandios, die Ambiguität der Figur Brody aufrechtzuerhalten. Immer als der Zuschauer schon dachte, Mathison hätte sich in einer Theorie verrannt, gaben neue Erkenntnisse doch wieder leichte Hinweise auf ein Doppelleben des Kriegsveterans. Die Affäre der beiden Hauptfiguren verkomplizierte den komplexen Fall noch einmal ungemein. Nach acht Wochen Ungewissheit brachte ein perfekt inszenierter Twist die Erkenntnis: Brody hatte sich tatsächlich den Terroristen angeschlossen und plante ein Attentat. Das Warten hatte sich für die Zuschauer vollends gelohnt.

6. «Sherlock»


So verworren und doppelbödig «Sherlock» oft daherkommt, fällt es Zuschauern häufig schwer die brillante BBC-Serie zu verstehen. Wenn die Produktion um Benedict Cumberbatch am Ende der Episoden den Schleier dann meist lüftet, ist die Verwunderung und Begeisterung umso größer. Ihren größten Coup kreierten die Autoren von «Sherlock» im Finale der vierten Staffel, die endlich die große Enthüllung über die Rivalität zwischen «Sherlock» und seinem Erzfeind Moriarty lieferte und gleichzeitig eine Figur einführte, die Zuschauer davor noch gar nicht auf dem Schirm hatten. Flashbacks verrieten, dass Moriarty ein Hochsicherheitsgefängnis besuchte, wo er sich mit einer inhaftierten Frau traf, die ihm wertvolle Informationen liefern sollte.

Weil die geniale, aber geisteskranke Gefangene vorher drei Terror-Anschläge voraussagte und damit zu deren Verhinderung verhalf, gestattete «Sherlock»-Bruder Mycroft ein fünfminütiges Gespräch zwischen Moriarty und der Frau, ohne dass sonst jemand mithörte. Die wertvolle Information, die die Frau Moriarty gab? „Redbeard“. Der Hund Sherlocks aus seinen Kindertagen, so viel wussten aufmerksame Zuschauer und Fans bereits. Zumindest schienen sie es zu wissen, denn in Wahrheit war „Redbeard“ Sherlocks bester Freund Victor Trevor, den seine Schwester aus Eifersucht zu dessen Beziehung zu «Sherlock» ertrinken ließ. Welche Schwester? Sherlocks Schwester Eurus, die Inhaftierte, mit der sich Moriarty traf und von der Zuschauer bis dahin noch überhaupt nichts wussten. Es stellte sich heraus: Die Schwester des Meisterdetektivs steckte hinter den sinistren Machenschaften des bereits verstorbenen Moriarty, aufgrund ihres obsessiven Hasses gegenüber ihrem Bruder.

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5. «Breaking Bad»


Für viele ist Walter White heute noch bloß ein Chemie-Lehrer, der in die Welt des Verbrechens gezwungen wurde, um seine Familie zu retten. Dabei gab sich Serienmacher Vince Gilligan nach eigener Aussage die größte Mühe, den von Bryan Cranston gespielten Charakter früher oder später vollends zum Bösewicht verkommen zu lassen, was nicht wirklich gelang. Die meisten Zuschauer fieberten trotzdem mit dem Antihelden mit und verteufelten stattdessen seine Frau, die eigentlich als moralische Instanz der Serie fungieren sollte.

Der Moment, nach dem die Zuschauer eigentlich längst mit dem Drogenbaron hätten brechen müssen, kam in der zwölften Ausgabe der zweiten Staffel. Dort zeigte White sein wahres Gesicht, als er Jane, die Freundin seines Geschäftspartners Jesse, bewusst an einer Überdosis vor seinen Augen sterben ließ. Er tat nichts, weil es ihm half, die volle Kontrolle über Jesse zu erhalten und ihn davon abzuhalten, weiter Drogen zu nehmen. Jane starb lediglich, weil sie eine Gefahr für das Geschäft darstellte. Der Moment sorgte für eine nervenaufreibende, verstörende Szene. Es half jedoch nichts. Die Fans ikonisierten Walter White dennoch bis zum Serienfinale.

4. «House of Cards»


Auch «House of Cards» sorgte in seiner Geschichte für so einige spektakuläre Wendungen. Kein Wunder, schließlich wird in der Politik darin scheinbar mit allen Mitteln gespielt. Der Mord an Zoe Barnes in Staffel eins hätte eigentlich nicht so überraschend kommen sollen, wie er es letztlich tat, schließlich hatte Frank Underwood schon ein paar Episoden zuvor jemanden umgebracht. Dass der angehende Präsident jedoch jemanden vor einen Zug stoßen würde, der ihm zu diesem Zeitpunkt eigentlich nahe stand, mit dem er sogar ein sexuelles Verhältnis hatte, kam dennoch sehr unerwartet. Darüber hinaus wurde Barnes kurz vor Staffelstart in der Werbung noch als eine der zentralen Charaktere beworben.

Doch wie Frank Underwood zu sagen pflegte: „Alles dreht sich um Sex. Außer Sex. Bei Sex geht es um Macht“. Die von Kate Mara gespielte Journalisten war also lediglich ein Spielzeug des skrupellosen Machtmenschen und ihr Serientod machte klar, was von Underwood in den kommenden Staffeln noch für Gräueltaten erwartet werden konnten. Es war das erste Mal, das sich die Diskussionen einer Netflix-Staffel, deren Folgen alle am gleichen Tag veröffentlicht wurden, nur um eine Szene drehten.

3. «Dexter»


Auch das Versteckspiel des geheimen Serienmörders «Dexter» Morgan brachte viele schockierende Entwicklungen hervor – während beispielsweise die Enthüllung in Staffel eins, dass der Ice Truck Killer in Wirklichkeit Dexters Bruder ist, einen großartigen Serienmoment bescherte, sorgte die Wendung im Serienfinale, in der «Dexter» sich für ein Leben als Holzfäller entschieden zu haben scheint, für Kopfschütteln. Ihren Zenit erreichte die Showtime-Serie dafür in Staffel vier, als «Dexter» dem mysteriösen Trinity-Killer nachjagte, dessen Identität die Zuschauer schon einige Zeit vor dem Serien-Antihelden kannten.

Bis dahin war der ausschließlich Übeltäter ermordende Blutspritzeranalyst seinen Opfern immer einen Schritt voraus. Diese Überlegenheit fand ein Ende mit dem Auftauchen des von John Lithgow superb verkörperten Killers, der «Dexter» die ganze Staffel vier über beschäftigte und Zuschauern durch seine unheimliche Präsenz einen Schauer über den Rücken jagte. Eigentlich schien die vierte Staffel mit dem Moment zu enden, auf den alle Zuschauer gewartet hatten: Der Trinity-Killer, gefesselt auf dem Tisch Dexters, seine verdiente Exekution erwartend. Doch als «Dexter» von seiner mörderischen Vision nach Hause zurückkehrte, fand er seine Ehefrau Rita tot in einer Badewanne voller Blut. Das Werk des Trinity-Killers. Und fast schlimmer: Sohn Harrison saß daneben und musste alles mit ansehen, wie einst «Dexter», den der Mord an seiner Mutter für immer traumatisierte und selbst zum Mörder machte.

2. «Lost»


Das Finale von «Lost» sorgte für große Enttäuschung, doch zu seinem Zenit stellte die ABC-Serie nicht weniger als die populärste Fernsehserie der Nuller Jahre dar. Ihren vermeintlichen Höhepunkt erreichte die Mystery-Serie durch einen Plot-Twist im Finale der dritten Staffel. Dabei lieferte auch «Lost» eine Vielzahl an spektakulären Wendungen, die stets darauf bedacht waren, die gestrandeten Inselbewohner in ein neues Licht zu rücken. Das beste Beispiel dafür stellte eine Episode dar, die sich gar nicht auf der Insel abspielte. Was wirkte, wie eine Rückschau, war jedoch in Wirklichkeit eine Vorschau.

Ein bärtiger und suizidaler Jack, der sich endlich wieder auf dem Festland befand, trifft dort auf Kate und konfrontiert sie mit seiner Obsession, erneut mit einem Flugzeug abstürzen zu wollen und auf der Insel zu stranden. Schlagartig änderte die Szene den Kurs der Serie und warf ein Dutzend neue Fragen auf. Und das alles nur durch einen simplen Dialog, ohne jegliche übertriebenen Effekte. Die Szene versetzte Zuschauern einen Schlag in die Magengrube, von dem sie noch einige Staffeln zehrten. Der vermeintliche Höhepunkt der Serie, nach dem Fans annahmen, die Macher wüssten ganz genau, wo sie mit dem Format inhaltlich hinwollen.

1. «Game of Thrones»


Spricht man über Plot-Twists in Serien, führt an «Game of Thrones» kein Weg vorbei. Aufgrund seines kompromisslosen Umgangs mit Hauptcharakteren oder geliebten Nebenfiguren lieferte die HBO-Serie schon so manchen Aufreger, der bei Zuschauern für offene Münder sorgte. Es fing mit Ned Starks Enthauptung in Staffel eins an, zu einer Zeit, als der Lord von Winterfell die Hauptfigur der kompletten Serie zu sein schien. Seitdem folgten zahlreiche unvorhergesehene Ereignisse, die gängigen Erzählkonventionen widerstrebten und etliche Serientode hervorbrachten.

Der größte Plot-Twist aus «Game of Thrones» und gleichzeitig der größte Plot-Twist der jüngeren Vergangenheit ereignete sich allerdings in Episode neun der dritten Staffel. im Rahmen eines Ereignisses, das als „Rote Hochzeit“ in die Serien-Geschichte einging. Dort empfing Lord Walder Frey Robb Stark, den selbsternannten König des Nordens, der sich zudem anschickte, die Schreckensherrschaft der Lannister-Familie auf dem Thron von Westeros zu beenden. Lord Frey, der dem Hause Tully, aus dem Robbs Mutter stammt, eigentlich die Treue geschworen hatte, hinterging die Häuser Tully und Stark jedoch im Rahmen eines mörderischen Komplotts.

Im Rahmen einer orchestrierten Hochzeit töteten die Gefolgsleute der Freys, Boltons und Lannisters nicht nur die gesamte Stark-Armee des Fan-Lieblings Robb, sondern auch den aspirierenden Thronfolger selbst, seine Mutter, seine hochschwangere Frau und seinen Schattenwolf. Der Plot-Twist zog unzählige Reaktionsvideos im Netz nach sich, in denen Fans ihre Fassungslosigkeit angesichts der Serienereignisse zum Ausdruck brachten. Nichts war in «Game of Thrones» danach wie zuvor.
28.04.2018 11:27 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/100594