Hingeschaut

«Beat the Box»: Das ganz kleine «Schlag den Raab» fürs heimische Wohnzimmer

von   |  1 Kommentar

Gute Fernsehunterhaltung muss nicht immer bombastisch und kostspielig sein - frei nach diesem Motto funktioniert das neueste Vorabendformat, das geradezu aufreizend schlicht daherkommt. Unterhaltungswert hat diese Mixtur aus Dokusoap und Spielshow aber zumindest für Freunde des VOX-Senderspirits allemal.

VOX-Quoten am Sonntagvorabend

  • «Ab ins Beet» (März bis Juni, 16 Folgen): 9,3%
  • «Hot oder Schrott» (Juli-Aug., 8 Folgen): 10,3%
  • «Die Beet-Brüder» (Aug.-Okt., 7 Folgen): 9,9%
  • «Hot oder Schrott» (Okt.-Dez., 10 Folgen): 10,8%
Durchschnittliche Zielgruppen-Marktanteile der jeweiligen Staffeln seit März 2017 bei den 14- bis 49-Jährigen.
Warum eigentlich ist VOX in den wohl härtesten Zeiten, die das deutsche Privatfernsehen jemals über sich ergehen lassen musste, so oft das kleine, helle Farbtupferl inmitten eines tiefroten Verlustreigens seiner Mitbewerber? Ein sicher nicht ganz unwesentlicher Aspekt ist das heimelig-charmante Flair, das weite Teile der zahlreich vorhandenen Erstausstrahlungen umfasst. Denn ob «Sing meinen Song», «Ewige Helden», die frauenaffine Nachmittagsschiene oder die Dokusoaps am Vorabend: Fast alle Sendungen sind ein wenig temporeduziert, kommen ohne große inszenatorische Hilfsmittel oder eine allzu aufdringliche audiovisuelle Aufmachung aus - und wirken damit oft so, als sei man öffentlich-rechtlichen Entertainment-Bestrebungen deutlich näher als den überkandidelt-bombastischen Show-Formaten von RTL oder ProSieben, die in der jüngeren Vergangenheit fast ausnahmslos deutlich an Zugkraft verloren.

In Anbetracht dessen passt auch das neueste Projekt «Beat the Box» hervorragend zu diesem Sender, denn sein größter Clou ist letztlich das Motto: Wir bringen die Spielshow ins heimische Wohnzimmer. Genauer gesagt treten vier Teams in den heimischen vier Wänden zum großen Spieleabend an, wobei sie nicht gegeneinander spielen, sondern sich den Herausforderungen einer nach Hause gelieferten Spielebox zu stellen haben. Wer Wissen, Geschicklichkeit und Reaktionsvermögen unter Beweis stellt, kann pro Spiel 50 Euro gewinnen - und seinen Gewinn im großen Finale nochmal verdoppeln. Begleitet werden die Protagonisten natürlich von einem Kamerateam.


Vertrautheit statt großes Staunen


Das alles klingt sehr nach einer leichten Abwandlung von «Hot oder Schrott», das seit zwei Jahren nun den Sonntagvorabend und zuletzt gar mehrfach die Primetime trotz oder gerade wegen eines erstaunlich simplen Rezepts höchst erfolgreich bestückt hatte: Menschen dabei filmen, wie sie neue und vermeintlich innovative Produkte testen. Hüben wie drüben ist Endemol Shine Germany als Produzent aktiv, das neue Format übernimmt den Sendeplatz des alten und auch die Idee, Menschen mit Kamerateams zuhause mit Produkten zu beglücken und sie gewissermaßen in ihrem natürlichen Umfeld zu filmen, kommt dem regelmäßigen Zuschauer sehr vertraut vor.

Insgesamt sieben Spiele plus Finale werden in der Auftaktfolge gespielt, die allesamt ohne große Aufbauten auskommen und sich damit hervorragend dazu eignen, vom Sofahelden vor der Mattscheibe nachgespielt zu werden: Ein paar Fragen, Marshmallows, ein Bingo-Feld, ein paar Lebensmittel, Zuckerwürfel, ein Glas, die heimische Musiksammlung und einen Tisch - mehr bedarf es nicht, um sich einen ähnlich unterhaltsamen Abend mit Freunden oder der Familie zu machen. Oder um es ein wenig defizitorientierter anzugehen: Wer ins Staunen kommen möchte und von Fernsehunterhaltung erwartet, dass sie einen in eine andere Welt entführt, der ist bei diesem Format komplett falsch aufgehoben.


Als Inspiration geeignet, als Kaufhilfe nicht


Stattdessen sieht man eben ganz normalen Menschen aus der Mitte der Gesellschaft dabei zu, wie sie Helene Fischer schlecht und nicht allzu textsicher nachsingen, einen Turm aus Zuckerwürfeln bauen, darüber fachsimpeln, ob Goethe nun eigentlich ein Maler oder Komponist war und Münzen in ein Glas werfen. Es ist gewissermaßen ein «Schlag den Raab» fürs heimische Wohnzimmer und damit reduziert auf die mitunter charmantesten Bestandteile dieser letzten Jahrhundert-Kreation einer der größten kreativen Köpfe der deutschen Fernsehgeschichte. Von einem Must-See ist man damit weit entfernt, eine hübsche kleine Nebenbei-Berieselungssendung mit Unterhaltungswert bekommt man aber allemal geboten. Und vielleicht ja auch die eine oder andere Inspiration für einen eigenen kleinen Spieleabend.

Was dem Neustart im direkten Vergleich mit den «Allestestern» ein wenig abgeht, ist ein gewisser Service-Charakter, denn es werden eben keine klassischen Gesellschaftsspiele von Ravensburger, Hasbro und Co. auf Spielspaß und Preis-Leistungs-Verhältnis angetestet, was man unter einer "Spielebox" ja eventuell auch verstehen könnte, sondern Eigenkreationen der Endemol-Redaktion. Das ist nett, aber sicherlich auch ein Stück weit beliebig - zumal 50 Euro pro gewonnenem Spiel und bestenfalls 800 Euro Gesamtgewinn für jedes Team am Ende der Sendung nun wahrlich keine Summen sind, bei denen der Zuschauer irgendeine Veranlassung hätte, nägelkauend vor dem Fernsehgerät zu sitzen.


Fazit: Ein Sparprogramm, das Freude weckt


Meint man es also böse mit Produzent und Sender, könnte man sagen, dass «Beat the Box» ein Kostenminimierungsprogramm in Reinkultur ist und eine Austeritätspolitik verkörpert, dass Wolfgang Schäuble die Freudentränen ins Gesicht steigen könnten. Meint man es mit ihnen aber gut, kann man ebenso sagen, dass nicht allzu oft mit so überschaubaren Mitteln angenehme, kurzweilige und überaus zuschauernahe Unterhaltung dargeboten wird, für die es noch nicht einmal allzu telegener Personen bedarf, so lange diese einfach Spaß am Spielen haben und ihr inneres Kind noch nicht komplett zwischen Steuerbescheiden und Alltagsstress aufgegeben haben. Das trifft auf alle Mitspieler der ersten Folge zu und dürfte auch in den kommenden Wochen nicht allzu schwer zu reproduzieren sein. Und wie gut das Eigenheim als quotenträchtige Kulisse für eine Fernsehsendung funktionieren kann, zeigt ja das senderinterne Vorbild sehr eindrucksvoll.

Blickt man auf den weiteren Sendeplan, überrascht aber doch ein Umstand: In Woche zwei treten mit Hubert und Matthias sowie Roland und Steffi gleich zwei bekannte «Hot oder Schrott»-Gesichter an, zudem ist Hanka Rackwitz mit ihrer Schwester Antje zu sehen - die Teilnehmer der ersten Folge haben dagegen keine «Allestester»-Vorerfahrungen vorzuweisen. Ob das zum Start Probleme machen könnte? Nicht allzu wahrscheinlich, ist der Sonntagvorabend doch in den vergangenen Jahren zunehmend zu einer weiteren Hit-Domäne herangereift. Gut möglich, dass sich in diese Liste schon sehr bald auch «Beat the Box» einreiht.

VOX zeigt zunächst fünf Folgen von «Beat the Box» immer sonntags um 19:15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/98585
Finde ich...
super
schade
93 %
7 %
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelFX bestellt Comedy-Piloten «Compliance» nächster ArtikelCristina do Rego: 'Meine Schule ist mein Bauchgefühl'
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Familie Tschiep
29.01.2018 00:22 Uhr 1
Was hat es mit Schlag den Raab zu tun? Es ist eine Spielshow mit nicht sonderlich aufwendigen Aufgaben. Mich erinnert es eher an israelische Shows, die mit wenig Mitteln etwas auf die Beine stellen müssen,
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung