Die Kritiker

«Paradise»

von

Reicht das BBC-Kostümdrama «Paradise» an die Klasse von «Downton Abbey» heran oder ist die Serie kaum mehr als ein dummer Augenschmaus?

Inhalt


Quoten der ersten Staffel

An den großartigen Serienstart mit 6,61 Millionen Zuschauern konnte die erste Staffel von «The Paradise» im Anschluss nicht mehr anknüpfen. Mit Reichweiten zwischen 5,14 und 5,82 Millionen liefen jedoch auch die Folgen zwei bis acht erfolgreich und weitgehend stabil für BBC One.
Das viktorianische England: Die junge Dörflerin Denise Lovett zieht von den beschaulichen Kleinstädten Schottlands in eine aufstrebende Industriestadt, um dort ihrem Onkel in seinem Schneiderladen zur Hand zu gehen. Da jedoch in unmittelbarer Nähe das neue Kaufhaus 'Paradise' eröffnete, brechen die Geschäfte radikal ein, weshalb ihr Onkel niemanden mehr einstellt. Schlussendlich bleibt Denise allein übrig, für den gefragten Großladen zu arbeiten. Als neue Angestellte in der Abteilung für Damenbekleidung gerät sie rasch an die herrische Ausbilderin Miss Audrey, auch in ihrer Kollegin Clara findet sie eher eine Feindin denn eine neue Vertraute. Der Ladenbesitzer John Moray hingegen achtet Denise sehr und beginnt, sich in sie zu vergucken, was die junge Schottin allerdings immer weiter in die Ungunst ihrer Kolleginnen fallen lässt. Derweil gerät Moray unter Beschuss seines Finanziers Lord Glendenning, dessen Tochter Hals über Kopf in Moray verliebt ist. Weiterer Ärger ist vorprogrammiert ...

Darsteller


Joanna Vanderham («Das Glück der großen Dinge») als Denise
Emun Elliott («Das verlorene Labyrinth») als Moray
Stephen Wight («Sherlock») als Sam
Sonya Cassidy («Die Tudors») als Clara
Matthew McNulty («Misfits») als Dudley
Ruby Bentall («Wenn Jane Austen wüsste») als Pauline
Elaine Cassidy («Harper's Island») als Katherine Glendenning
Peter Wight («Kon-Tiki») als Edmund Lovett
Sarah Lancashire («Oliver Twist») als Miss Audrey

Kritik


Auf Basis des Romans «Das Paradies der Damen» aus der Feder des französischen Schriftstellers Émile Zola schickt sich «Paradise» zumindest optisch an, in der TV-Liga eines «Downton Abbey» mitzuspielen. «Der Preis des Verbrechens»-Kostümschneiderin Joanna Eatwell kleidet das Ensemble dieser Historien-Dramaserie in aufwändigen, schmucken Kleidern, die sich perfekt in die detailreichen und großen Sets fügen. Die Kulissen sind voller Ornamente, Krimskrams und Zierrat aus dem viktorianischen Zeitalter und versprühen eine kitschige, dennoch reife Charakteristik, die den Eindruck erweckt, dass das Nordengland jener Zeit ein riesiges, von älteren Herren ausgestattetes Puppennhaus war.

Der Augenschmaus, den «Paradise» bietet, findet allerdings durch die starre Kameraarbeit und Inszenierung eine harsche Eingrenzung. Immer wieder eröffnen Szenen mit einer drögen Über-die-Schulter-Einstellung, die zeigt, wie Hauptdarstellerin Joanna Vanderham einen Raum betritt und mit dem ewig gleichen, „Es knistert in der Luft“-Blick einen der anwesenden Herren anstarrt. Generell nutzt die Regie die prächtigen Kulissen kaum aus, lässt nie wirklich intensive Stimmung aufkommen. Ein Abendessen mit unklaren Intentionen am Ende der Pilotfolge wird völlig pflichtbewusst abgefilmt, statt die schummrige Beleuchtung eines viktorianischen Speisezimmers gekonnt zu verwenden.

Ähnlich flach wie die Bildsprache von «Paradise» sind auch die Figuren und deren Konflikte geraten. Ausbilderin Miss Audrey hat nichts weiteres zu tun, als unentwegt zu lamentieren, was man im Verkauf nicht tun darf und wie abscheulich Denise doch aussehen würde. Einen eigenen Charakter hat sie indes nicht, was aber genauso für die Protagonistin gilt, die sich allein durch die klischeehaften Flirtereien identifiziert, die ihr das Drehbuch bei jeder Gelegenheit aufdrängt. Charaktergesteuert ist in «Paradise» kaum etwas, stets laufen Entwicklungen in der Figurenkonstellation nach Schema F ab, um dem Kostümdrama mehr Konfliktpotential zu verleihen. Konsequent verfolgt werden diese Konflikte allerdings nicht, denn dafür sind die Figuren zu unausgearbeitet. So entschuldigt sich Denise nach einem Streit mit ihrem Onkel bei ihm mit einem Geschenkkorb von der Konkurrenz. Dieser verlässt, als er das Präsent erblickt, den Raum – und damit hat sich der Streit schon erledigt. Länger anhaltende Zwistigkeiten gibt es in diesem Kostüm-Melodram nicht.

Von den starken Frauenfiguren, für die die Vorlage von Literaturkennern hoch gelobt wird, sowie von der cleveren Thematisierung des Epochenumbruchs bleibt bei der Kostüm-Zurschaustellung aus dem Hause BBC kaum etwas übrig. Bei all der Leblosigkeit des Formats und der trägen Dramaturgie taugt «Paradise» stattdessen nur zu einer kostspieligeren Seifenoper.

Passion strahlt «Paradise» ab dem 8. August immer donnerstags um 20.15 Uhr aus.

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