Die Kritiker

«Tatort: Scheinwelten»

von  |  Quelle: Inhalt: ARD

Der Kölner «Tatort» beschäftigt sich (zu wenig) mit der Problematik semilegal beschäftigter Ausländer in Deutschland.

Inhalt:


Staatsanwalt Wolfgang von Prinz ist alarmiert: In seiner Nachbarschaft wurde Ingo Broich, der Geschäftsführer der gleichnamigen Reinigungsfirma, erstochen. In dem Kölner Nobelviertel kennt man sich. Doch seine Frau, die Rechtsanwältin Beate von Prinz steht auch in engen Geschäftsbeziehungen zum Vater des Mordopfers. Das weckt natürlich das Interesse der Kommissare Ballauf und Schenk. Zumal das Verhältnis des Familienpatriarchen Jakob Broich zu seinem Sohn zuletzt nicht zum Besten stand: Statt sich nach dem Schlaganfall des Vaters um das erfolgreiche Unternehmen zu kümmern, verbrachte Ingo lieber die Nächte in seiner Pokerrunde.

Darsteller
Klaus J. Behrendt («Rommel») als Max Ballauf
Dietmar Bär («Kehrtwende») als Freddy Schenk
Tessa Mittelstaedt («Heiter bis tödlich – Morden im Norden») als Franziska
Joe Bausch («Der Sonnenhof») als Dr. Roth
Christian Tasche («Medicopter 117») als Wolfgang von Prinz
Jeanette Hain («Der Vorleser») als Beate von Prinz
Hans-Peter Hallwachs («Im Namen des Gesetzes») als Jakob Broich

Kritik


Der Vergleich mit der zweiten Folge des Dortmunder «Tatorts», die im Herbst des Jahres ausgestrahlt worden ist, drängt sich auf: Denn sowohl dort als auch in der aktuellen Kölner Ausgabe wurde die Problematik vieler ausländischer Billiglohnarbeiter thematisiert, die unter entsetzlichen Bedingungen leben müssen. Doch während man sich der Sache in Dortmund differenziert näherte und sich mitten rein in die sozialen Brennpunkte und Problemfelder begab, bleibt die Thematik bei Ballauf und Schenk nur ein Randthema, während die erste Ebene mit allerhand dramaturgischem Unsinn vollgepfercht wird.

Freddy Schenk nennt seine kubanische Putzfrau seine „schwarze Perle“ und entpuppt sich damit als alter Rassist, was er jedoch leugnet. Zusammen mit seinem Kollegen beschäftigt er sich dann damit, einen Angeschuldigten, der mit einer wesentlich älteren Afrikanerin verheiratet ist, zu drangsalieren, damit dieser endlich zugebe, dass es sich bei seiner familiären Situation um eine Scheinehe handelt.

Währenddessen arbeitet der Richter seelenruhig mit den Ermittlern Max und Freddy an der Aufklärung eines Mordfalls, in den seine Gattin involviert zu sein scheint. Er bittet die beiden daraufhin, ihm über den Dienstweg keine diesbezüglichen Unterlagen zukommen zu lassen, weil er sonst den Fall abgeben müsste. Die beiden stimmen zu und unterschlagen Beweismaterial. Natürlich ist das unrealistisch sowie ethisch und juristisch hochgradig fragwürdig – konkret thematisiert wird dieser Konflikt nicht. Er bleibt eine bloße Randnotiz. Wenn die Polizeigewerkschaft schon mit Jörg Hartmanns Figur im Dortmunder «Tatort» ihre Probleme hat, sollte sie das hier lieber nicht sichten.

Die Problematik um die vielen allenfalls semilegal beschäftigten Ausländer, die in dubiosen Putzbetrieben für Hungerlöhne die letzte Drecksarbeit machen, dient ferner nur als dramaturgischer Hintergrund – auch wenn dieser sozialkritische Aspekt spannender und narrativ ergiebiger gewesen wäre als all die Geschichten um zerrüttete Ehen und Vertrauensbrüche, die weder sonderlich intelligent oder einfallsreich geschrieben noch wirklich überzeugend sind. «Tatort – Scheinwelten» scheitert daran, dass der Fokus auf die banaleren Elemente gelenkt wurde, und am narrativen Ausklammern all der dubiosen Vorgehensweisen der Protagonisten, die weder legal noch ethisch zu rechtfertigen sind. Was bleibt, ist eine triviale Geschichte, in der man über ein kurzes Anreißen gesellschaftlicher Brennpunkte nicht hinaus kommt – und somit letzten Endes am Thema grandios scheitert.

Das Erste zeigt «Tatort: Scheinwelten» am Neujahrsabend 2013 um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/61202
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