Die Kino-Kritiker

«50/50 – Freunde fürs (Über)Leben»

von
Joseph Gordon-Levitt und Seth Rogen erzählen mit «50/50» eine rührende wie witzige Geschichte über Krebs.

Beim 27-jährigen Radiojournalisten Adam Lerner (Joseph Gordon-Levitt) wird eine seltene, schwer zu bekämpfende Form von Krebs diagnostiziert. Wie ihm sein Arzt mitteilt, stehen die Chancen, dass eine Chemotherapie anschlägt, bei 50/50. Adam stellt angesichts der bevorstehenden, harten Zeiten während der Behandlung, sowie aufgrund der Möglichkeit, dass alles dennoch ein schlechtes Ende nimmt, seiner Freundin Rachel (Bryce Dallas Howard) frei, ihn zu verlassen. Doch die von ihm emotional distanzierte Künstlerin schwört, ihm beizustehen. Seelischen Halt will ihm auch sein bester Freund und Arbeitskollege Kyle (Seth Rogen) bieten, vor allem jedoch bietet er mit seinen derben Scherzen Ablenkung. Außerdem will er die Krankheit beim Feiern dazu ausnutzen, um Frauen abzuschleppen – ein schwer nachvollziehbarer Plan, mit dem Adam nicht einverstanden ist, was er sich aber nicht auszudrücken traut. Noch schlimmer findet er bloß die Vorstellung, sich an seine anstrengenden Eltern (Anjelica Houston und Serge Houde) zu wenden. Da nimmt er eher mit mürrischer Miene das Angebot an, sich parallel zur Chemo- auch einer Psychotherapie zu unterziehen. Was er zuvor nicht wusste: Seine Therapeutin Katherine (Anna Kendrick) befindet sich noch in der Ausbildung und ist darüber hinaus eine wahre Chaotin ...

Die Geschichte hinter der Entstehung von «50/50 – Freunde fürs (Über)Leben» ist eine zutiefst persönliche: Der Fernseh-Comedyautor Will Reiser war Anfang 20, arbeitete gerade für die «Ali G Show» und lebte weitestgehend gesund, als ein Tumor gefunden wurde, der ihm auf die Wirbelsäule drückt. Seine befreundeten Arbeitskollegen Seth Rogen und Evan Goldberg sorgten sich um ihn, spornten ihn allerdings zugleich an, alle skurrilen oder bewegenden Ereignisse festzuhalten, um im Falle der Heilung einen Film aus seinen Erfahrungen zu machen. Für Reiser, den Rogen als einen sehr ulkigen Gesellen ohne gefestigten Charakter betrachtet, begann eine emotionale Achterbahnfahrt, die letztlich auch er selbst, mit etwas kreativer Freiheit, als idealen Filmstoff betrachtete.

Reisers Drehbuch spürt man seine Persönlichkeit und die wahren Empfindungen, die dahinter stecken, nahezu durchgehend an. Statt eine sich besonders wichtig nehmende, universelle Thematisierung von Krebs darzustellen, erzählt «50/50 – Freunde fürs (Über)Leben» einfühlsam und mit einer trotzigen Dosis schwarzen Humors schlicht einen Einzelfall, eine Ansammlung von Geschehnissen in Will Reisers wahrem und Adams fiktiven Leben. Die Lebensnähe der Thematik spiegelt sich vor allem darin wieder, dass alle Figuren mehrschichtig sind, und sich, obwohl sie klar in jeweils eine Kategorie Mensch passen, nicht auf eine einzige Geisteshaltung reduzieren lassen. Den Fokus bildet selbstredend Adam, der von Verdrängung, Selbstaufgabe hin zu Kampfeswillen und Galgenhumor so ziemlich jede Gefühlsregung durchmacht. Die gestochenen Dialoge sowie toll entworfene Szenen legen den Grundstein dafür, dass Adam aufgrund dessen wie ein echter Krebsbetroffener scheint, doch erst Joseph Gordon-Levitts hingebungsvolle Performance sorgt dafür, dass sich Tragik und Komik stimmig die Waagschale geben.

«50/50 – Freunde fürs (Über)Leben», der erst spät in der Produktionsphase festgelegte Titel dieser Tragikomödie, steht somit nicht allein für Adams Überlebenschancen, sondern auch für die genussvolle Mixtur aus leichtfüßigem und bitterem Humor, erschüttender und rührender Dramatik. Diese Gratwanderung vermögen auch die Nebendarsteller zu meistern. Anna Kendricks Rolle ist nicht so fordernd wie in «Up in the Air», aber sie gibt dennoch eine humorige Begleiterin für Adam ab, die ebenfalls ihre Problemchen mit sich trägt. Seth Rogen wiederum bringt seinen Buddy-Humor zeitweilig etwas zu aufdringlich rüber, wenn er allerdings einen Gang runterschaltet, sind er und seine Figur eine Bereicherung für «50/50 – Freunde fürs (Über)Leben». Bryce Dallas Howard und Anjelica Houston wiederum verkörpern mit großem Engagement die großen Problemfrauen in Adams Leben.

Trotz allem kommt «50/50 – Freunde fürs (Über)Leben» in der Erzählweise und der Figurenkonstellation (da wären die übervorsorgliche Mutter, der anstrengend locker-launige Freund, ...) nicht um einige Klischees herum. Jedoch scheinen diese wohl nötig, um die emotional so breit gefächerten Erfahrungen Reisers aus seiner Zeit mit Krebs zu einem einheitlichen und vor allem inhaltlich zielgesteuerten Ganzen zu bringen. Angesichts dessen, dass «50/50 – Freunde fürs (Über)Leben» ohne falsche Melodramatik rührt und mit seinem gut aufspielenden Ensemble zugleich unterhält, lässt sich über solche Ungeschliffenheiten hinwegsehen.

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