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Quotenmeter.de-Test: Wie manipulativ ist Twitter-PR?

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Der Microbloggingdienst Twitter erlebt seit vergangenem Jahr einen regelrechten Boom. Auch die TV-Sender machen sich dies zu nutzen. Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch testete ihre Online-Auftritte.

Die Vorteile von Twitter-PR liegen auf der Hand. Ein direkter Kontakt zu den potentiellen Zuschauern inklusive Rückkanal sind ein nicht zu unterschätzender Punkt, den auch viele Schauspieler und TV-Stars schätzen. Im Theater bekommen sie die Resonanz des Publikums direkt zu spüren, mittels Applaus oder Buh-Rufen. Beim Fernsehen war bislang die Einschaltquote die einzige Variable, an der festgemacht werden konnte, ob die eigene Sendung ankommt. Dabei berücksichtigt die nur die nackten Zahlen und blendet viele andere Faktoren aus. Manchen Darstellern & Fernseh-Protagonisten reicht das aber bei Weitem nicht, macht man seinen Job doch schließlich für den Zuschauer, dem gefallen soll, was er sieht. Konstruktive Kritik stößt da oft auf fruchtbaren Boden. Ausgelöst hat den Austausch mit dem Publikum via Twitter der amerikanische Schauspieler Ashton Kutcher (@aplusk), der den Vorstoß wagte und seine Fans nicht nur an seinem Leben und seinen Projekten teilhaben lässt, sondern sich über die Fans auch ein Bild davon macht, wie seine Hollywood-Streifen ankommen. Dem Beispiel sind auch deutsche Schauspieler wie Michael Kessler gefolgt (@kesslermichael). In dem schnellen Medium haben die TV-Sender darüber hinaus eine gute Möglichkeit zur Verbreitung von TV-Tipps. Eine große Rolle spielt auch für sie der Erhalt von Meinungen zum Programm. Die Kommunikation mit dem Zuschauer ist somit nicht nur für Schauspieler und Fernsehstars interessant, sondern auch für ihre Sender selbst, die wie der Regisseur im Theater so die Stimmungen des Publikums sammeln können.

Natürlich spielen aber auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle und so versucht man über die Twitter-Accounts Promotion für aktuelle Sendungen in Echtzeit anzustreben. Beispiel: ProSieben. Sendungen wie «Schlag den Raab», «Unser Star für Oslo», «Popstars» oder «Germany’s next Topmodel» werden oder wurden während ihrer Ausstrahlung gepusht. Das spiegelt sich in einem geringen Maße vielleicht auch auf die Quote wieder. Doch in erster Linie dient die Sendungs-Promotion der Gewinnung von neuen Zuschauern, die auch tatsächlich den Weg zu einem Format finden, das sie ohne die schmackhafte Empfehlung im Netz eher gemieden hätten. Der eine oder andere zappt dann doch aus Neugier rüber. Ist Twitter-PR also manipulativ? Es ist eher eine Frage, wie sie verpackt wird. Bei ProSieben versucht man es mit einer Prise Humor, den offenbar nicht jeder der über 50.000 "Follower" teilen kann. Denn ein paar Witze über Teenie-Schwarm Justin Bieber in Verbindung mit einem Magazin-Beitrag bei «taff» lösten jüngst sogar eine Welle der Empörung im Netz aus - unterschiedlichster Natur. Doch auch das spielte ProSieben irgendwie in die Karten, wurde der Account doch noch beliebter. Es ist weiterhin verständlich, dass bei der großen Zahl an Usern nicht jede Zuschauerfrage beantwortet werden kann, zumal viele Frage doppelt und dreifach gestellt werden. Ein aktives Lesen der "Timeline" von ProSieben muss der User also schon mal mitbringen. Das fällt auch gar nicht schwer, dosiert man die "Tweets" doch stets übersichtlich. Auch immer wieder unterhaltend: Dumme Fragen bekommen die passende ironische Antwort. Ansonsten versucht man die Meinung der Follower (ProSieben folgt über 30.000 von ihnen) zu den Sendungen (meist positiv, aber auch Kritik scheut man nicht) wiederzugeben. Auf sympathische, witzige Weise macht man unterschwellig immer wieder auf eigene Programminhalte aufmerksam. Professionell ist das allemal, hier sind PR-Profis am Werk. Koordiniert wird das Twittern bei ProSieben von Kommunikation-Chef Christoph Körfer.

Ein Twitter-Team innerhalb der ProSiebenSat.1-Gruppe besteht meist aus drei Mitarbeitern, die sich über den Tag verteilt zu bestimmten Stoßzeiten abwechseln. Dass eine positive Darstellung von Einschaltquoten und Sendeinhalten versucht wird, liegt in der Natur der Tatsache, dass der Privatsender mit Werbung Geld verdient. Die Eigenwerbung machte beim Test von Quotenmeter.de aber nur etwa die Hälfte der Twitter-Nachrichten aus. Der Rest ist sogar passend zum Sender-Slogan „We love to entertain you“ richtig unterhaltend. ProSieben hat die perfekte Mischung gefunden.

Feedback von der Zielgruppe ist auch beispielsweise für Super RTL (@SuperRTL) interessant. Doch wird hier das Twittern noch nebenbei erledigt. Denn direkte Rückschlüsse darauf, wie das Familienprogramm ankommt, will die Kommunikationsabteilung nicht missen. Zum Zeitpunkt unserer Recherchen konnte der Account aber nur beiläufig betrieben werden. Konzepte sollen auch innerhalb der Mediengruppe RTL erarbeitet werden. Die Wege seien hier aber nicht immer leicht. Hinzukommt, dass der gesamte Konzern auch gerade noch umgesiedelt ist, was die Wege verlängert haben dürfte, hat man doch primär andere Baustellen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite von den Online-Strategien bei kabel eins & den öffentlich-rechtlichen Sendern.


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