Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: Quotenduell um Schummelshow

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Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 104: Unechte Millionäre und gefälschte Blind-Dates.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir eines der größten TV-Skandale des jungen Jahrtausends.

«Ich heirate einen Millionär» wurde am 03. Januar 2001 bei RTL geboren und ging damit vier Tage vor der Sat.1-Show «Wer heiratet den Millionär?» auf Sendung. Beide Sender hatten sich nach dem überraschenden Erfolg des Konzeptes in den USA einen Wettlauf geliefert, wer die Idee zuerst nach Deutschland bringen konnte. Am Ende war zwar RTL etwas schneller, wurde aber dennoch zum Verlierer des Duells.

In den großen Liveshows konnte jeweils ein vermögender Junggeselle aus einer Auswahl aus 45 (RTL) bzw. 50 (Sat.1) Frauen seine Herzdame anhand kleiner Spielchen, Gespräche und Bikiniproben heraussuchen. Im Idealfall sollte eine Hochzeit folgen. Doch dazu kam es in beiden Fällen nicht.

In den USA wurde bereits nach der Ausstrahlung der ersten Show bekannt, dass der angebliche Millionär in Wahrheit nicht sehr vermögend war. In diese Falle wollten beide deutschen Sender nicht treten und ließen beiden Kandidaten genauesten prüfen. Die Führungsetage von RTL versicherte, dass von ihrem Millionär Thomas Tepe ein Gutachten einer Steuerberatungsgesellschaft vorliegen würde, aus dem eindeutig hervorginge, dass er über ein Vermögen in Millionenhöhe verfügen würde. Sat.1 versuchte hingegen die Echtheit ihres Multi-Millionärs Raymond mit seinem Wohnsitz in Monaco zu belegen.

Und trotzdem tauchten direkt nach der Ausstrahlung der RTL-Show Gerüchte auf, nachdem von Thomas noch eidesstattliche Versicherungen aus den Jahren 1998 und 2000 gültig sein sollten. Außerdem habe er als Geschäftsführer mehrere Insolvenzverfahren beantragt. Wie viel Geld er am Ende wirklich hatte, ist nie ernsthaft aufgeklärt worden, weil ein zweiter Skandal alles andere in den Schatten stellte.

Zwar hatte RTL die Echtheit des Millionärs geprüft, nicht aber, ob er die ihm eigentlich unbekannten Bewerberinnen nicht doch schon getroffen hatte. Bereits während der Liveshow meldeten sich die ersten Anrufer, die genau dies über die letztendliche Gewinnerin Gerti Friedrichs behaupteten. Ehemalige Nachbarn und Augenzeugen ließen den Schwindel schnell auffliegen und zwei Tage nach der Show mussten Millionär Thomas und Gerti zugeben, dass er sie rund einen Monat vor der Show getroffen und sie anschließend in die Damenauswahl seiner Show geschmuggelt hatte. Den von RTL gesponserten Liebesurlaub mussten die beiden sofort abbrechen und sich öffentlich entschuldigen.

Der Skandal wurde noch vor der Ausstrahlung der Sat.1-Variante bekannt, doch der Sender hielt an seiner Show fest und brachte diese unfallfrei über die Bühne. Raymond wählte die Bürokauffrau Stephanie und reiste anschließend mit ihr nach Dubai.

Trotz einer Sehbeteiligung von acht bzw. sieben Millionen Zuschauern entschieden anschließend beide Kanäle die Sendungen nicht fortsetzen zu wollen. Richtig konnte RTL das Konzept allerdings nicht loslassen, startete doch im Jahr 2003 mit der Adaption der US-Show «Der Bachelor» ein ganz ähnliches Format.

«Ich heirate einen Millionär» und «Wer heiratet den Millionär?» wurden am 03. bzw. 07. Januar beerdigt und erreichten jeweils ein Alter von einer Folge. Die Show hinterließ 93 aussortierte, geldgeile Damen, die mit ihrer Teilnahme an der chauvinistischen Show die Emanzipation auf einen Schlag um 50 Jahre zurückgeworfen haben.

Mögen die Shows in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einer legendären Quizshow, bei der nur die richtige Frage zählte.

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