Die Kritiker

«Tatort: Tango für Borowski»

von

Story


Klaus Borowski soll den deutschen Jugendlichen Ralph Böttcher in Finnland zu einem laufenden Verfahren befragen. Böttcher, ein 17-jähriger ehemaliger Junkie, lebt im Rahmen einer Resozialisierungsmaßnahme in einem finnischen Camp und soll Anni, ein Mädchen aus dem Nachbardorf, vergewaltigt und ermordet haben. Er bestreitet die Tat, sitzt aber zur Untersuchung in einem finnischen Gefängnis. Als Borowski und sein finnischer Kollege Mikko den Jungen zusammen nach Helsinki überführen wollen, unterläuft ihnen ein folgenschwerer Fehler: Ralph Böttcher schlägt Borowski nieder, überlistet Mikko und flüchtet in dessen Auto und vor allem mit dessen Dienstwaffe.

Der finnische Polizist Mikko, seine Kollegin und deren Chef nehmen die Verfolgung auf und untersuchen auch den Fall der toten Anni erneut. Borowski unterstützt sie dabei gemeinsam mit seiner deutschen Kollegin, der Polizeipsychologin Frieda Jung. Sie ist nachgereist, um ihrem Kollegen zu helfen. Doch die Ermittlungen drehen sich im Kreis – und Borowski weiß irgendwann nicht mehr, was er glauben soll. Schlaflosigkeit, verwirrende Gefühle für Frieda Jung und dieser seltsame finnische Tango bringen den Kieler Kommissar an seine Grenzen.

Darsteller


Axel Milberg («Der Einsturz – Wahrheit ist tödlich») ist Klaus Borowski
Maren Eggert («Was wenn der Tod uns scheidet?») ist Frieda Jung
Janne Hyytiäinen («Lichter der Vorstadt»)ist Mikko Väisanen
Florian Bartholomäi («Der Staatsanwalt», «SOKO Köln») ist Ralph Böttcher
Antti Reini («Jungle of Dreams») ist Vallu

Kritik


Mit dem «Tatort: Tango für Borowski» schickt die NDR-Produktion ihren Kommissar zu einem Ausflug nach Finnland. Deshalb wurde diese Folge des norddeutschen Krimis auch überwiegend im finnischen Ilomantsi gedreht. Nicht nur für den regelmäßigen «Tatort»-Zuschauer ist das eine Umstellung, sondern auch für den von Axel Milberg gespielten Klaus Borowski selbst. Eine waldreiche Umgebung, die typisch finnischen, aus Holz gebauten Wohnhäuser sowie eine Sonne, die im skandinavischen Sommer kaum untergeht, bilden die Kulisse für diesen «Tatort» und die Rahmenbedingungen, denen sich auch die Ermittler anpassen müssen.

Beginnend mit einer Hetzjagd einiger Finnen nach dem verdächtigen deutschen Jungen Ralph Böttcher macht den Anfang in dem Kriminalfall, den Kommissar Borowski in Finnland erwartet. Schon hier zahlt sich der Drehort in den finnischen Wäldern aus. Als Borowski schließlich nach Finnland aufbricht, erwartet ihn dort alles andere als eine Routine-Aufgabe. Schnell ist klar: Verfolgungsjagden durch die Wälder wird es noch öfter zu sehen geben. Auch Borowski selbst irrt irgendwann zwischen all den Bäumen, die dich beieinander gestaffelt stehen. Schlafentzug und Halluzinationen kommen später ebenfalls ins Spiel. Denn da es nachts nicht wirklich dunkel wird im finnischen Sommer, kann der Ermittler nicht schlafen und muss seine Arbeit – zu seinem eigenen Nachteil – übermüdet verrichten. Man merkt also: Die Geschichte, die dem Drehbuch von Clemens Murath entsprungen ist, ist nicht nur eine übliche Krimi-Geschichte, in der der Kommissar den Täter jagen muss, sondern hält verschiedene Facetten bereit. So auch die aufgewühlte Gefühlwelts von Borowski augrund seiner Zugneigung zur Polizeipsychologin Frieda Jung, deren insgeheime Liaison diesmal allenfalls nur angeschnitten wird.

Denn da ist noch der finnische Tango, mit dem Kommissar Borowski mehr durch Zufall als gewollt in Berührung kommt. Nachdem Ralph Böttcher fliehen kann, stehen Borowski und sein finnischer Kollege ohne Fortbewegungsmittel mitten in der finnischen Prärie da und müssen sich durch die Wälder mühen. An einem Tanzhaus mitten im Wald können sie nicht nur die Polizeistation über die Flucht des Verdächtigen informieren, sondern werden gleich zum Tanz gebeten – und nach finnischer Tradition ist der Aufforderung einer Dame Folge zu leisten. Somit vermittelt uns der «Tatort» diesmal neben der Geschichte rund um den beschriebenen Fall für Borowski auch ein Stück finnischen Kulturguts. „Andere Länder, andere Sitten“, wie es so schön heißt, trifft hier zu und das muss auch der Kieler Kommissar am eigenen Leib erfahren. Dabei ist es doch eher selten, dass in einem Krimi auch kulturell etwas geboten wird, wenn auch nur in Ansätzen. Soweit zur Story, die an sich schlüssig und plausibel klingt.

Der Spannungsbogen ist zwar nicht immer straff gespannt, doch gibt es hier nichts zu mäkeln. Denn sobald die Spannung nachlässt, sind jene Szenen zu beobachten, in den Borowski sich den Gegebenheiten anpasst. Der Zuschauer wird insofern bei Laune gehalten, dass ihm das eine oder andere Lächeln abgerungen werden kann. Dabei sind es keine guten Sprüche oder gewollte Missverständnisse, die zum Tragen kommen, sondern vielmehr ein wenig Slapstick, der die «Tatort»-Folge auflockert. Wenn beispielsweise Borowski bei all der Helligkeit in der Nacht nicht schlafen kann und sich einen provisorischen Vorhang für die Fenster zusammenstellt, dieser aber nicht so recht halten will, ehe der Kommissar entnervt aufgibt, kommt auch der Humor nicht zu kurz.

Handwerklich ist diese NDR-Folge der Krimi-Reihe wie gewohnt gut gemacht. Für die Authentizität hat man den finnischen Regisseur Hannu Salonen mit der Inszenierung des «Tango für Borowski» beauftragt. Dieser machte seine Sache zufriedenstellend. Denn neben den in den Rahmen passenden landschaftlichen Bildern war eine ordentliche Umsetzung des Drehbuchs vonnöten. Da es dem Schauspieler Axel Milberg wie auch dem von Hannu Salonen inspirierten Film ansich gelingt, dass der Zuschauer sich in Klaus Borowski hinein versetzen kann und sich von der Handlung fesseln lässt, ist dieses Vorhaben gelungen.

Auch den finnischen Schauspieler-Pendants von Axel Milberg nimmt man ihre Rolle ab. Aus dem Schlussteil hätte man indes mehr machen können, an dieser Stelle kommt man mit der Auflösung zu schnell hinter dem Ofen hervor. Auch die Nebengeschichten mit Borowskis Schlaf- und Wahrnehmungsstörungen hätten durchaus noch weiter ausgebaut werden können, was dem «Tatort» in diesem Fall sogar richtig gut getan hätte. Denn die sich wiederholenden Läufe durch die finnischen Wälder bringen etwas Eintönigkeit in den ansonsten durchaus abwechslungsreichen Film. Für einen kleinen, aber feinen Ausflug in die finnische Wald-Region mit einem durchdachten Kriminalfall im Gepäck ist diese «Tatort»-Folge aber in jedem Fall geeignet.

Das Erste zeigt den «Tatort: Tango für Borowski» am 4. April 2010 um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/41128
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