Die Kritiker

«Urteil Mord»

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Inhalt:


„Er hat immer gesagt, in mir wohnt ein Tier – und wehe dem, der es weckt“. Sylvia H. ergreift heute noch das kalte Schaudern, wenn sie an ihren ehemaligen Schwager denkt. Detlef K. führte nach außen ein bürgerliches Leben. Doch der 53-Jährige hat zwei Gesichter. Bereits mehrfach vorbestraft wegen Kindesmissbrauchs und Vergewaltigung, lockt er im Oktober 1988 die neunjährige Diana in seine Wohnung. Er quält und missbraucht das Mädchen über 24 Stunden. Dann erwürgt Detlef K. sein Opfer. Seit 22 Jahren sitzt der Sexualstraftäter hinter Gittern. Kriminalpsychologe Dr. Thomas Müller begibt sich auf Spurensuche. Im Gespräch mit Detlef K. im Gefängnis will er herausfinden, wie dessen abartige sexuelle Phantasien entstehen konnten. Außerdem spricht Müller mit den Angehörigen des Täters und mit den Eltern der ermordeten Diana.

Kritik:


Es war eine mutige Entscheidung des ehemaligen Sat.1-Geschäftsführers Dr. Torsten Rossmann, bei Günter Stampf die Reihe «Urteil Mord» in Auftrag zu geben. 18 Monate lang recherchierte Stampf mit seinem Team an den sechs Fällen, benötigte teilweise lange Zeit um Drehgenehmigungen in Justizvollzugsanstalten zu bekommen. Herausgekommen ist eine Reihe, wie man sie nur selten im deutschen Fernsehen gesehen hat. Von der journalistischen Qualität ist das Sat.1-Format mit dem RTL-Film über den Kannibalen von Rothenburg zu vergleichen: Kein Wunder, auch dieser Film kam von Günter Stampf.

Die Reihe hat kurz vor dem Start vermutlich nur ein Problem: Anders als beim Kannibalen werden nicht ganz so brisante und medienwirksame Fälle behandelt – die erste Folge dreht sich um den Sexualmord an einem kleinen Mädchen aus Nordhausen, der im Jahr 1988 stattfand. Im Mittelpunkt der Episoden steht Dr. Thomas Müller, der Straftäter analysiert. Er tut dies unaufgeregt, sachlich und mit viel Wissen. Die erste Folge stellt in den Mittelpunkt, wann die krankhafte Neigung Detlef K.s begonnen hat und bis zu welchem Moment man sie noch hätte stoppen können.

Schon die ersten zehn Minuten sind unglaublich dicht erzählt, der Zuschauer sieht eine beeindruckende Studie und erfährt beispielsweise auch, was die Frau erzählt, die sich in bestem Alter in den damals 26-jährigen Detlef verliebte. Wie geht das überhaupt, sich in einem späteren Kinderschänder zu verlieben? Natürlich – das Format geht einen schmalen Grat, schließlich darf es nie das Ziel sein, den Verbrechern eine Plattform zu geben. Was aber sollte getan werden? Dürfen sich Straftäter erklären? Darf man versuchen, sie zu verstehen? Oder sollte über allem der Vorwurf einer nicht entschuldbaren Tat liegen? Final beantwortet werden können diese Frage für die Allgemeinheit nicht.

Die Stampfwerk-Produktion geht in der ersten Episode aber einen guten Werk, dokumentiert das Analysierte journalistisch sauber. Deutlich wird aber, dass an einigen Stellen doch zu sehr verdichtet wurde. Quotenmeter.de weiß: Eigentlich sollte «Urteil Mord» 45 Minuten netto dauern, nun sind es nur noch 24 Minuten. Fast zu wenig, um die teilweise komplexen Zusammenhänge wirklich klar herüber zu bringen. Einiges ist dem Schnitt zum Opfer gefallen, was der sonst wirklich guten Produktion nicht gut tat.

Die Tatsache, dass es sich nicht um Fiktion handelt, sondern um einen eiskalten Mord, der teilweise übrigens auch so seitens des Täters geschildert wird, lässt zudem eine Empfehlung zu: Für Kinder und zartbesaitete Seelen ist «Urteil Mord» nichts: Ob die Reihe, die genauso gut auch bei öffentlich-rechtlichen Sendern zu sehen sein könnte, ein Quotenerfolg für Sat.1 wird, steht in den Sternen. Es ist eine neue Programmfarbe beim Münchner Sender – und damit tat man sich zuletzt manchmal schwer.

Sat.1 zeigt sechs Folgen von «Urteil Mord» ab Sonntag, 07. März 2010, um 22.15 Uhr.

Mehr zum Thema... TV-Sender Sat.1 Urteil Mord
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