Die Experten

19. Januar 2009

von
Christian Richter beantwortet Ihre Fragen zum Dschungelcamp sowie zur neuen Quotenmessung und klärt auf, ob «Dr. House» geschnitten wird.

Lutz: Ich habe gehört, dass die Einschaltquoten ab 2009 anders gemessen werden sollen. Was wird jetzt anders gemacht als vorher?

Christian Richter:
Die Einschaltquoten werden in Deutschland von der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung gemessen, deren Mitglieder wiederum die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, die ProSiebenSat.1-Sendergruppe sowie die Sender der RTL-Gruppe sind. Dazu wird in 5.640 repräsentativ ausgewählten Haushalten mit etwa 13.000 Personen das Sehverhalten aller Haushaltsmitglieder dokumentiert und auf 73,42 Millionen Personen in 34,83 Millionen deutschen Privathaushalten hochgerechnet. Neben Programmwechseln und spezifischen Zielgruppen erfasst das Verfahren auch die Nutzung von Teletext, Videos und Videospielen.

Das alte System wurde seit Jahren dafür angegriffen, dass es zu ungenau ist. Insbesondere erfasse es die neuen Verbreitungsformen im Internet oder Video On Demand von TV-Inhalten nicht. Das neue System basiert nun "nicht auf einer geräte-, orts- oder zeitabhängigen Definition von Fernsehnutzung, sondern hat die möglichst vollständige Erfassung sämtlicher Nutzung von TV-Content zum Ziel", sagt der stellvertretende Vorsitzender des AGF-Vorstands Florian Ruckert über das neue Konzept. Dadurch sei es unter anderem möglich privaten Aufzeichnungen, die bis zu drei Tage nach der Erstausstrahlung angesehen werden, mitzuzählen. Dies dürfte vor allem für Programme am späten Abend sowie Serials wie «Lost», «Prison Break» oder «24» interessant werden, da diese Programm erfahrungsgemäß zu einem großen Teil nicht „live“ gesehen werden. Das System könne dabei sogar registrieren ob die Werbeblocks übersprungen werden. Wenn diese erfolgreich läuft, ließen sich später auch weitere Nutzungsformen z.B. die Wiedergabe eines Programms am Computer anschließen. Zudem wird es mit dem zukünftigen Verfahren möglich sein Gäste zu erfassen, die in einem der repräsentativen Haushalte zu Besuch sind und dort Fernsehen schauen. Dies dürfte vor allem für PublicViewing-Events wie die Fußball-WM von Bedeutung sein.

Ursprünglich war das neue Verfahren für Anfang 2009 geplant. Allerdings verzögerte sich die Umsetzung durch technische Probleme, sodass die neue Messtechnik daher erst ab Ende 2008 ausgeliefert werden konnte. Die Daten der neuen Nutzungsformen können dadurch erst ab 01. Juli 2009 erhoben und genutzt werden.

Christian: Was war die erfolgreichste US Serie im deutschen Fernsehen?

Christian Richter:
Die Antwort zu dieser Frage ist nicht ganz einfach, da sich im Laufe der Zeit die Fernsehverbreitung und das Zuschauerverhalten stark verändert hat. Auch gibt es erst mit der Einführung der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) im Jahr 1988 ein einheitliches Messverfahren für alle Sender.

Als eine der erfolgreichsten US-Serie aller Zeiten gilt noch immer «Auf der Flucht» aus dem Jahr 1963. Bei uns zeigte die ARD die Krimiserie ab 1965. Genaue Zuschauerzahlen gibt es dazu nicht, doch man geht von einer Sehbeteiligung um die 80 Prozent aus. Da damals nicht jeder Haushalt einen Fernseher hatte und man sich oft bei Verwandten oder Freunden traf, ist unklar wie viele Zuschauer sich dahinter tatsächlich verbergen.

Ein weiterer Anwärter auf den Titel der erfolgreichsten US-Serie dürfte «Dallas» sein. Die Soap um Öl und Intrigen wurden dienstags um 21.45 Uhr in der ARD ausgestrahlt und erreichte im Jahr 1985 den Höhepunkt ihrer Popularität. Allein in der BRD schalteten durchschnittlich 16 Millionen Zuschauer die Geschichten um die Familie Ewing ein. Wie hoch die (inoffizielle) Sehbeteiligung in der DDR war ist selbstverständlich unbekannt.
Im vergangenen Jahr war mit durchschnittlich fünfeinhalb Millionen Zuschauern (Gesamtreichweite) übrigens «Dr. House» die erfolgreichste US-Serie.

Julian: Warum wird «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!» so spät ausgestrahlt?

Christian Richter:
Die späte Ausstrahlung der Show liegt an drei Gründen. Zum einen sind manche Szenen mit ekligen Tieren oder extremen Prüfungen nichts für seichte Gemüter und daher für eine Ausstrahlung zur besten Sendezeit ungeeignet. Außerdem ist es für RTL recht problematisch an 16 aufeinanderfolgenden Tagen die Primetime freizuräumen und somit eine Entwöhnung der Zuschauer an ihre gelernten Sendeplätze zu riskieren. Der andere, viel wichtigere Grund liegt schlicht in der Zeitverschiebung und dem Sonnenaufgang in Australien. Würde die Show bei uns bereits um 20.15 Uhr laufen, wäre es in Australien erst 05:15 Uhr. Sonnenaufgang ist dort derzeit jedoch erst gegen 06.00 Uhr. Die gesamte Pracht des Dschungels würde in der Live-Show einfach in der Dunkelheit der Nacht untergehen. Wie das aussieht kann man am Wochenende übrigens bei den Spezial-Ausgaben mit Daniel Hartwich sehen.

Claudia: Mir fällt auf, dass RTL trotz phantastischer Quoten nur zwei extrem kurze Werbeblöcke bei «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!» hat. Was nützen die tollsten Quoten, wenn viel zu wenig Werbung gebucht wird? Kann das durch die Anrufe der Zuschauer ausgeglichen werden? Rechnet sich ein Format denn überhaupt, wenn es trotz Superquoten zu wenig werbende Kunden hat?

Christian Richter:
Das Hauptproblem der Show liegt an ihrem Schmuddel-Image. Das hat zur Folge, dass viele Werbekunden davor zurückschrecken ihre Produkte im Umfeld von Penis-Cocktails und Dialogen über Verstopfungen zu positionieren. Dies war auch der Grund, warum die Show trotz hervorragender Quoten nach der zweiten Staffel eigentlich abgesetzt wurde und dadurch drei Jahre pausierte. Die teuren Produktionskosten rechnen sich für RTL trotzdem: Zum einen tatsächlich durch die Einnahmen aus den Votings. Wie hoch diese sein können, hatte ich bereits in der Experten-Ausgabe vom 12. Januar erklärt. Zum anderen ist diese Show auch für den Senderschnitt immens wichtig. Dazu muss man jedoch wissen, dass beim Bilden des Jahresdurchschnitts der Januar stärker einfließt als die übrigen Monate, da durch die frühen Sonnenuntergänge und kalten Temperaturen die Fernsehnutzung höher ist. Weil RTL nun in diesem wichtigen Monat solche phantastischen Quoten erzeugt, ist das Format für die Festigung der Marktführerschaft extrem wichtig geworden. Nicht umsonst beginnt übrigens auch der Quotenhit «Deutschland sucht den Superstar» im ersten Monat des Jahres.

Daniel: Gibt es für «Spidermen 3» bei ProSieben bereits ein Datum?

Christian Richter:
ProSieben hat den Film bereits für das Jahr 2009 angekündigt. Das ist insofern ungewöhnlich, weil in der Regel zwischen dem Kinostart und Free-TV Premiere etwa drei Jahre liegen. Da der Film erst am 01. Mai 2007 in den deutschen Kinos startete und derzeit noch bei Premiere zu sehen ist, sollte eine Ausstrahlung im Free-TV nicht vor Herbst 2009 erfolgen.

David: Stehen die Chancen hoch, dass "Scrubs" eine neunte Staffel erhält?

Christian Richter:
Bereits vor Beginn der Dreharbeiten zur achten Staffel stand fest, dass Hauptdarsteller Zach Braff, der die Serie in hohem Maße trägt, für eine neunte Runde nicht zur Verfügung stehen wird. Schon seine Verpflichtung für die achte Staffel konnte nur gelingen, weil die Serie aufgrund des Autorenstreiks keinen würdigen Abschluss bekommen hätte. In einem Interview mit Entertainment Weekly-Kolumnisten Michael Ausiello hielt der Showrunner und Erfinder der Serie Bill Lawrence eine neunte Staffel auch ohne Braff für möglich. Würde demnach die achte Staffel, die erstmals bei ABC zu sehen ist, bis zum Februar 2009 ein Rating von 3,0 bei den 18-49-jähringen erreichen, sei eine Fortsetzung bereits beschlossene Sache. Die ersten Folgen starteten jedoch mit 6,76, 6,64 sowie 4,48 Millionen Menschen noch recht verhalten. Trotzdem zeigte sich ABC-Präsident Steve McPherson relativ zufrieden mit der Leistung der Serie. Weiter sinken dürften die Werte allerdings auch nicht.

Stefan: «Die Super Nanny» hieß anfangs Katharina Saalfrank. Im Verlauf der weiteren Staffeln wurde sie plötzlich als Katia vorgestellt. In der gestrigen Ausgabe von «25 Jahre RTL» war sie wieder Katharina. Was ist da los?

Christian Richter:
Die Diplompädagogin heißt tatsächlich Katharina Saalfrank. Sie selbst stellt sich jedoch immer wieder als Katia vor, da dies einfach die Kurzform oder Koseform ihres eigentlichen Vornamens ist.

Leonie: Ich wollte wissen, ob einige «Dr. House»-Folgen geschnitten in der Primetime laufen, da die DVDs erst ab 16 Jahre sind.

Christian Richter:
In der Tat werden einige Folgen für die Primetime gekürzt. Dabei handelt es sich allerdings um marginale Kürzungen, da die amerikanischen Free-TV-Maßstäbe unseren sehr ähnlich sind. Im speziellen sind mir zwei Folgen bekannt, in denen Teile entfernt wurden. Im Staffelfinale der zweiten Staffel wurde das herausspringende Auge des Patienten geschnitten. Insgesamt fehlen daher nur zwei Sekunden. In der Episode „Heimgang“, die RTL am 30. Dezember 2008 wiederholte, wurde zu Beginn unter anderem das Aufschneiden einer Ratte entfernt, wodurch die Folge eine Freigabe ab 12 Jahre erhielt, die als DVD-Version tatsächlich „ab 16“ eingestuft wurde. Die Nachtwiederholungen zeigt RTL übrigens ungekürzt.

Sandra: Ich studiere Medienwissenschaft und interessiere mich im Rahmen einer Hausarbeit für die Einschaltquoten der Benefizgala «Ein Herz für Kinder» auf ZDF.

Christian Richter:
Die dreistündige Gala mit Thomas Gottschalk sahen am 06. Dezember 2008 insgesamt 5,13 Millionen Zuschauer und erzeugte somit einen Marktanteil von 18,7 Prozent. In der Zielgruppe kam die Show allerdings nur auf 0,97 Millionen junge Zuschauer und einen Marktanteil von 9,1 Prozent. Dafür wurde an diesem Abend wenigstens ein Spenden-Rekord in Höhe von 15 Millionen Euro aufgestellt.

Thomas: Ich habe gerade bei RTL «Spiegel TV» in einer Reportage ein Mikrofon mit einem modifiziertem VOX-Logo und den Farben hellblau, schwarz, grau gesehen. Gibt es einen Ableger von VOX in den USA oder ist das ein ganz eigenständiger TV-Sender bzw. Radiosender?

Christian Richter:
Einen Ableger von VOX in einem anderen Land gibt es nicht. Hingegen strahlt in Kanada ein kleiner Sender namens „Canal Vox“ regionale Programme für die Region Quebec aus. (www.voxtv.ca) Dieser hat aber nichts mit dem Sender der RTL-Group zu tun und dessen Logo passt auch nicht zur genannten Beschreibung.

Von der Ähnlichkeit des Logos kommt außerdem die Vox Communications Corporation in Frage. Deren Firmenzeichen sieht dem Vox-Logo in der Tat etwas ähnlich und setzt sich aus den Farben blau und schwarz zusammen. Die Firma bietet allerdings Voice-Over-IP-Services an. (www.voxcorp.net) Es dürfte damit unwahrscheinlich sein, dass diese Interviews mit eigenen Mikros durchführt.

Da VOX jedoch sein Erkennungszeichen in den letzten 15 Jahren nur unwesentlich verändert hat, vermag ich nicht zu sagen, wem das mysteriöse Mikrofon gehörte. Vielleicht haben auch andere Leser diesen Ausschnitt gesehen und können uns weiterhelfen. Wenn jemand für Aufklärung sorgen kann, schicke er bitte eine Mail auf dem unten aufgeführten Wege an uns.

Senden Sie uns Ihre Fragen zum Fernsehen ein: Unter "Home" gelangen Sie um Unterpunkt "Experten-Fragen einsenden" - dort können Sie unser Formular mit Ihren Fragen ausfüllen. Natürlich können Sie auch weiterhin direkt an experten'ÄT'quotenmeter.de mailen. Aufgrund der vielen Einsendungen können jedoch nicht alle Fragen beantwortet werden.

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